Entrückung oder Tag des Herrn?

Die Bedrängnisse und die Gemeinde

Wenn wir uns die aktuelle Welt lage ansehen, dann können wir erahnen, wie es eines Tages aussehen wird, wenn die Menschen dem starken Führer folgen werden, der sie ins Verderben führen wird. Die Bibel nennt ihn den Antichristen, und diese große Zeit der Bedrängnis (der Tag des HERRN) wird die schlimmste Zeit sein, die es jemals gegeben hat (Dan 12,1; Mt 24,21), also schlimmer als der Holocaust, aber auch schlimmer als die Sintflut.

Bedrängnisse sind nicht die Zeit der Bedrängnis

Die Heilsgeschichte der Bibel macht m. E. deutlich, dass die Gemeinde nichts mit der kommenden Zeit der Bedrängnis zu tun hat. Ja, wir müssen durch Bedrängnisse gehen (Apg 14,22; Röm 5,3; 12,12; 2Kor 4,17) – der eine mehr, der andere weniger. Und ja, wir sind zum Leiden berufen – der eine mehr, der andere weniger. Aber diese kommende Zeit der Bedrängnis ist etwas ganz anderes.

Die Geschichte der Herrschaft Gottes

Wenn wir die Aussagen der Bibel in ihrem Zusammenhang wörtlich verstehen, dann müssen wir festhalten, dass Gott dem Menschen als seinem Stellvertreter die Verwaltung der Erde aufgetragen hatte (1Mo 1,26-30). Der Mensch sollte herrschen über die Erde, aber er hat versagt. Er verlor diese Herrschaft und auch die Gemeinschaft mit Gott. Aber Gott verhieß den Retter (1Mo 3,15). Gott schloss erst einen Bund mit Noah und seinen Nachkommen (1Mo 9), und dann einen bedingungslosen Bund mit Abram (1Mo 12).

Der Retter sollte aus der Nachkommenschaft  Abrahams, Isaaks und Jakobs (Israel) kommen. Aber neben diesem Nachkommen (vgl. den Bund mit David in 2Sam 7) wurde auch das Land (vgl. 5Mo 30) und ein besonderer Segen (vgl. Jer 31) verheißen. Dann bekam dieses Volk Israel auf der Grundlage des Bundes mit Abraham (Gal 3,15ff.) als Lebensregel das mosaische Gesetz (2Mo 20–5Mo 28) und hätte den verheißenen Segen erlebt, wenn es sich daran gehalten hätte. Aber es hat versagt. Fluch und Zerstreuung waren die angekündigten Folgen (3Mo 26).

Immer wieder erzählen die Propheten von der Wiederherstellung der ursprünglichen göttlichen Verwaltung des Menschen über die Erde durch das Volk Israel (z. B. Jes 2,2-4). Der Messias wird kommen und mit seinem Volk über die Welt regieren. In einem neuen Bund, der den veralteten mosaischen Bund ersetzen wird, wird Gott seinem glaubenden Volk ein neues Herz geben und  vollkommene Erkenntnis (vgl. Jer 31,31ff.).

Dann kam der Messias, Jesus Christus, der Sohn Gottes persönlich. Er verkündete dem Israel des 1. Jahrhunderts  das Evangelium des Reiches und bot ihm seine Herrschaft an. Er war der verheißene König, der mit seinem Volk sein Reich aufbauen wollte. Aber er wurde abgelehnt (Joh 1,12). Das Matthäusevangelium berichtet ausführlich darüber. Diese Ablehnung führte zu tiefer Finsternis.

Die Gemeinde als neues Zeitalter

Gott unterbrach sein Programm mit Israel und führte durch Jesus Christus ein neues Zeitalter ein, das Zeitalter der Gemeinde. Paulus erklärt ausführlich und sagt ausdrücklich, dass die Gemeinde im Alten Testament nicht zu finden ist (Eph 3,3ff.). Die Gemeinde ist ein göttliches Geheimnis. Sie ist der Leib Christi – er selbst ist das Haupt (Eph 1,22; 5,24). Die Aufgabe der Gemeinde ist, Gott zu verherrlichen (Anbetung), den Leib Christi zu bauen (Gemeindebau) und den Menschen die rettende Botschaft von der Erlösung in Christus zu verkündigen (Evangelisation).

Die Wiederaufnahme des Programms mit Israel

Aber Gott hat verheißen, sein Programm mit Israel wieder aufzunehmen. Ausführlich hat er erklärt, dass er es in seinem Zorn durch die große Bedrängnis führen wird (5Mo 4), um es schließlich an den Punkt zu bringen, dass es den wahren Messias erkennt und zum Glauben kommt (5Mo 4,30-31). An dem Punkt der größten Bedrängnis wird es zu Gott schreien und gerettet werden. Der wiederkommende Jesus Christus wird es retten und mit dem glaubenden Überrest sein verheißenes Reich auf der Erde bauen (Hes 20,33-37).

Die große Zeit der Bedrängnis und die Gemeinde

Was hat nun die Gemeinde mit der Zeit der Bedrängnis zu tun? Nichts. Von Anfang an hat der Herr Jesus erklärt, dass er für die Gemeinde Wohnungen beim Vater bereitet und sie zu sich holen wird (Joh 14,2-3). Paulus betont, dass wir nicht zum Zorn Gottes bestimmt sind (1Thes 5,9). Dementsprechend kommt die Gemeinde auch in keiner Beschreibung der Zeit der Bedrängnis vor – im Alten Testament sowieso nicht (weil die Gemeinde dort ein göttliches Geheimnis war), aber auch im Neuen Testament nicht. In der Offenbarung lesen wir die ausführlichen Beschreibungen der Zeit der Bedrängnis (Gerichte der Siegel, Posaunen und Zornschalen), und es wird auch von Gläubigen gesprochen, die aus der Zeit der Bedrängnis kommen (Offb 7), aber die Gemeinde ist bereits vor Beginn der Gerichte in der Gegenwart des Herrn (repräsentiert durch die 24 Ältesten z. B. in Offb 4,4).

Und unser Auftrag?

Dementsprechend ist unser Bezug zur Zeit der Bedrängnis, dass wir Menschen vor dem Zorn Gottes warnen (Evangelisation). Darüber hinaus dürfen wir das Kommen des Herrn herbeisehnen und uns auf die Begegnung mit ihm freuen (Anbetung). Und wir sollten uns darauf einstellen, dass wir hier vorbereitet werden auf unsere Aufgabe im kommenden Reich Gottes (Gemeindebau).

Ihr Lieben, auch angesichts aller momentanen Bedrängnis und Trübsal haben wir eine atemberaubende Zukunft vor uns! Petrus (1Petr 1,3ff.) bringt das ganz zu Recht in Verbindung mit Jubel, Lob, Liebe, Glauben und Freude und  sieht darin ein ganz besonderes Vorrecht für uns als Gemeinde! Weder den Propheten der Bibel noch den Engeln Gottes ist dieses Privileg gewährt worden! Deshalb achten wir auf die Schlussfolgerung, die Petrus am Ende des Abschnittes nennt (1Petr 1,13):

„Deshalb umgürtet die Lenden eurer Gesinnung, seid nüchtern und hofft völlig auf die Gnade, die euch gebracht wird in der Offenbarung Jesu Christi!“

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