Stellungnahme zu Johannes Hartl und der MEHR-Konferenz

Die kürzlich stattgefundene MEHR- Konferenz in Augsburg (Anfang Januar 2018) mit ca. 11 000 Teilnehmern hat viele Gläubige unterschiedlicher Prägung angezogen und insgesamt offenbar einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen. Das spiegelt sich in diversen Echos und Erklärungen quer durch den evangelikalen Blätterwald wider. Die Leser der „G- Gemeinde Aktuell“ erwarten diesbezüglich vielleicht eine Orientierungshilfe, welche Haltung man dem gegenüber einnehmen kann. Im Zusammenhang mit dem Thema der aktuellen Ausgabe (2/2018: „Charismatik“) scheint eine entsprechende Stellungnahme geboten:

  1. Zur inhaltlichen Auseindersetzung mit Person und Auftreten Johannes Hartls gibt es ausführliche und hilfreiche Stellungnahmen, die genügend Informationsmöglichkeit und Aufklärung bieten. Wir verweisen diesbezüglich insbesondere auf die Ausführungen von Michael Kotsch (siehe Bibel und Gemeinde, 2/2017, 117. Ausgabe). Die nachfolgenden Statements gründen sich darauf bzw. sind daraus abgeleitet.
  2. Zweifellos bietet Johannes Hartl mit seiner Arbeit und seinen Veranstaltungen in Augsburg zahlreiche Elemente und Aspekte, die Gläubige aus allen Denominationen ansprechen können und ihrem Lebensgefühl sowie ihren geistlichen wie emotionalen Bedürfnissen entgegenkommen. Hier kommt es zu einer gewissen gemeinsamen Schnittmenge mit konservativ orientierten Christen, z. B. was ethische Fragen oder die Abwehr von Bibelkritik betrifft. Es ist aber äußerst bedenklich, dass Johannes Hartl nicht nur offen für charismatische Lehren wirbt, sondern auch grundlegend die katholische Dogmatik vertritt und für klar unbiblische Lehren eintritt – ganz in der Tradition seiner Kirche verhaftet.
  3. Die sehr ansprechende Atmosphäre der Veranstaltungen in Augsburg und das auch für Evangelikale sehr eingängige Vokabular Hartls sowie manche ebenso vertrauten geistlichen Themen wie z.B. Gebet oder die persönliche Beziehung zu Jesus Christus sollten nicht darüber hinwegtäuschen, dass vieles, was er befürwortet und propagiert, nicht der Lehre der Bibel entspricht und dem entgegengesetzt ist, was von evangelikalen Christen geglaubt und gelehrt wird.
  4. Ein auf Wohlgefühl ausgerichtetes Christsein neigt dazu, die Kriterien zu vernachlässigen, die das Neue Testament setzt, um fremde Lehren und Praktiken zu erkennen und davon Abstand zu nehmen. Johannes Hartl macht es vielen nicht-katholischen Christen leicht, indem er den katholischen Glauben überzeugend so erklärt, dass er selbst für Evangelikale akzeptabel erscheint.
  5. Wer sich auf Johannes Hartl einlässt, wird letztlich mit dem Anspruch der katholischen Kirche konfrontiert, allein das Heil Gottes zu verwalten. Ob Sakramente, Tauflehre und -praxis, Marienverehrung, Heiligenkult, Zölibat und Anbetung der geweihten Hostie – Hartl bejaht praktisch alles, was die katholische Kirche lehrt und woran sie unbeirrt festhält. Mit ihm bewegt man sich eindeutig zurück vor den geschichtlichen Wendepunkt der Reformation, welche die Befreiung von den unbiblischen Lehren und Zwängen der Kirche des Mittelalters einleitete und deren Überwindung bewirkte.
  6. Brücken bauen zwischen Christen unterschiedlicher Herkunft und Prägung durch eine willkürliche Geschichtsinterpretation – mit dem Ziel, die katholische Kirche insgesamt als akzeptabel darzustellen – ist kein akzeptables Mittel der Zusammenführung von Christen und dient nur denen, die aus einem unnüchternen Harmoniebedürfnis heraus leichtfertig alles preisgeben, was biblisch geboten erscheint.
  7. Hartls Position zur Charismatik steht ebenso ganz im Zeichen katholischer Tradition, denn er ist der Auffassung, dass sie im Kern auf die katholische Kirche zurückgehe und in der Tradition der Mystiker des Mittelalters stehe. Charismatisch-pfingstliche Frömmigkeit mit den Elementen von „Prophetie“, „Heilungen“ und „Zungenreden“ integriert er ebenso in sein Glaubenskonzept wie auch zahlreiche z. T. umstrittene und extreme Charismatiker als Redner auf seinen Veranstaltungen und Konferenzen. Dient das charismatische Beiwerk nicht dazu, die Emotionen der Menschen anzusprechen, um sie letztlich in der katholischen Kirche zu vereinen?
  8. Mit diesen Implikationen ist auch das – auf katholische wie evangelikale Christen sorgfältig abgestimmte und auf der MEHR-Konferenz vorgestellte – „Missionarische Manifest“ letztendlich eher als Versuch der Vereinnahmung durch die katholische Kirche zu werten, etwa wenn dort mit Bezug auf Johannes 17,21 behauptet wird, „dass die Welt nur zu Christus findet, wenn wir – in der Ökumene – die Einheit wiederfinden und sie in Gebet und Mission schon heute einüben“ (These 6). Die Proklamation eines Manifests ist zweifellos eine populäre und öffentlichkeitswirksame Maßnahme, aber deren Unterzeichnung bedeutet letzlich nicht mehr als die oberflächlich-emotionale Bindung an eine Bewegung zwiespältigen Charakters im Stile eines charismatisch-dynamisierten „Aufbruchs“ katholischer Erweckungsbemühungen.
  9. Massenorientierte Events wie z.B. Hartls MEHR-Konferenz geben letztlich nicht den Ausschlag für ein überzeugendes und stabiles Christsein, sondern die beständige Gemeinschaft und Mitarbeit in der eigenen Gemeinde – mit Bezug zum tatsächlichen realen Lebensgefüge und -umfeld. Ein echter Wunsch nach tieferem Verständnis des Wortes Gottes wird dort zu den ersehnten persönlichen Glaubenserfahrungen führen, und diese werden mit Sicherheit nachhaltiger wirken als das Mitschwimmen in einer gut inszenierten, jedoch die Unterschiede nivellierenden Mode-Bewegung mit zweifelhaften Background hunderte Kilometer weit entfernt.
  10. Wenn man aktuelle Entwicklungen in der sogenannten „christlichen Szene“ kritisiert, macht man selbst noch längst nicht automatisch das Richtige. Es bei einem möglichen geistlichen Vakuum zu belassen stellt sicherlich keinen zufrieden und ist tatsächlich keine Alternative. Deshalb ist diese Stellungnahme unbedingt auch mit dem Aufruf verbunden, persönlich zum Wort Gottes und zum Gebet zurückzufinden, und zwar gemeinsam mit den Christen, mit denen man „vor Ort“ längst Gemeinschaft hat.
    Eine gute Hilfe dazu ist die in diesem Magazin angebotene Bibellese, die sehr gut mit dem Konzept „Gemeinde liest Bibel“ verbunden werden kann (siehe auch www.gemeinde-liest-bibel.de).

 

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