Ende der Pandemie, Ende des Livestreams?

Eine steile Lernkurve im Umgang mit virtuellen Möglichkeiten liegt hinter vielen Gemeinden. Nicht viele unserer Gemeindeglieder wussten vor dem März 2020 schon, was „Zoom-Meetings“ sind, und wahrscheinlich noch weniger Zusammenkünfte wurden „gestreamt“.

Wir alle haben viel gelernt. Wir alle sind sehr dankbar für die technischen Entwicklungen, die es uns möglich machten und machen, geistliche Nahrung und Zeiten der Gemeinschaft und Anbetung trotz strenger Kontaktbeschränkungen zu teilen.

Nun sind wir dankbar, dass das Zusammenkommen der Gläubigen wieder möglich ist und die noch vorhandenen Beschränkungen Stück für Stück gelockert werden. Die Sehnsucht nach der Rückkehr zur „Normalität“ ist groß. Und Fragen stellen sich:

Werden die virtuellen Hilfsmittel, die unseren Gemeinden durch die Krise hindurchgeholfen haben, überflüssig?

Und wenn ja, welche?

Und wenn nein, warum nicht?

Auch in anderen Ländern stellen sich diese Fragen natürlich. Und so waren vor kurzem auf der evangelikalen Plattform „The Gospel Coalition“ zwei Artikel von christlichen Leitern zu finden, die begründeten, warum sie (nicht) aufhören würden, den sonntäglichen Gottesdienst im Internet live zu übertragen: „Warum unsere Gemeinde den Livestream stoppen wird“ bzw. „Warum unsere Gemeinde den Livestream beibehalten wird“. Da die Überlegungen, die zu ihren Entscheidungen führten, nicht von der spezifischen Situation in den USA abhängig sind, fassen wir im Folgenden die wesentlichen Punkte zusammen. Möge Gott uns Weisheit geben, diese Fragen in unseren eigenen Gemeinden zu entscheiden!

Warum unsere Gemeinde den Livestream stoppen wird

Jim Davis (Orlando/ Florida) und Skyler Flowers (Oxford/ Mississippi) betonen, dass Gott den Menschen mit Leib, Seele und Geist schuf und Gemeinschaft mit Gott und miteinander nicht nur eine geistig-geistliche, sondern auch eine körperliche Dimension hat. Das Zusammenkommen der Gläubigen ist notwendig für das Leben der Gemeinde. Wir sind nicht dazu geschaffen oder bestimmt, passiv an Gebet und Lehre, Anbetung und Gesang teilzunehmen. „Da wir mit Körper und Geist nach dem Bild Gottes geschaffen sind, müssen wir mit unserem ganzen Wesen erleben, was in der Anbetung Gottes gesungen, gebetet, gelehrt und geschmeckt wird.“ Die Einheit der Gemeinde vor Gott zeigt sich an den vielen Stimmen, die das gleiche Lied singen, an den Köpfen, die sich im Gebet neigen, am gemeinsam erlebten Geschmack von Brot und Wein, an der gemeinsam gehörten Botschaft aus Gottes Wort.

„Nur ein ganz kleiner Teil dieser Erfahrung kann über den Livestream vermittelt werden. Im besten Fall ist der Livestream vergleichbar mit einem Soldaten im Einsatz, der über Zoom die Beziehung zu seiner Frau hält – besser als nichts, aber nichts, woran man sich gewöhnen wollte. Im schlimmsten Fall ist es vergleichbar mit jemand, der ein Fußball-Videospiel spielt und behauptet, er spiele in der Bundesliga … Wir haben jetzt genug Daten, um zu sehen, dass der Livestream das Konsumdenken der Gemeindeglieder befeuert, Faulheit fördert und den Leuten vortäuscht, sie würden auferbaut.“

Obwohl die Autoren den Nutzen des Livestream sehen – vor allem für solche, die körperlich nicht in der Lage sind selber zu kommen – halten sie es angesichts der Nachteile für weiser, dieser Gruppe auf andere Weise zu dienen – z.B. mit Aufnahmen, die hinterher weitergegeben werden.

Ihre Gemeinden wollen den Livestream beenden, wenn jeder über 18-Jährige, der sich impfen lassen möchte, auch geimpft werden kann.

Das Original ist hier nachzulesen: Why Our Church Will Unplug from Streaming

„Warum unsere Gemeinde den Livestream beibehalten wird“

Die Gemeinde in Ridgewood/ New Jersey, der Matt Peebles dient, hatte schon vor der Corona-Pandemie einen Livestream eingerichtet, weil sie „Online-Anbetung als Katalysator für christliche Gemeinschaft“ betrachteten. Nach sieben Jahren Erfahrung damit sehen sie sich in ihrer Entscheidung bestätigt. Er sieht drei große Vorteile darin:

1. Der Livestream verbindet mit Menschen außerhalb der Gemeinde

In einer Zeit, in der alles zuerst im Internet nachgeschaut wird, werden auch Gemeinden dort gesucht und geprüft. Nach ihrer Erfahrung schauen sich Interessierte erst einmal Predigten im Internet an. Dadurch werden sie auf eine gewisse Art schon mit der Gemeinde vertraut, und die Hemmschwelle, persönlich zu kommen, wird gesenkt.

Außerdem werden die Gottesdienste von den Gemeindegliedern selbst online geteilt und weiter verbreitet. Dadurch werden auch Menschen erreicht, die nicht selbst nach einem Gottesdienst suchen würden.

„Man weiß nie, wen Gott mit seiner Botschaft berühren wird, wenn man sie online postet. Ist es in einer Kultur, die zunehmend unchristlicher wird, klug, die Verbreitung des Evangeliums zu begrenzen?“

2. Der Livestream verbindet Menschen innerhalb der Gemeinde

In der Vor-Corona-Zeit wurde der Livestream hauptsächlich von Geschwistern genutzt, die ans Haus gefesselt oder im Krankenhaus waren. Sie schätzten es sehr, auf diese Weise den Gottesdienst mitzuerleben – es vermittelte ihnen Verbundenheit trotz der räumlichen Trennung und sorgte für ihre geistliche Nahrung.

Die Pandemie mit den daraus folgenden Lockdowns hat alle anderen größeres Einfühlungsvermögen für solche Einschränkungen gelehrt. Der Online-Gottesdienst drückte in dieser Zeit die Verbundenheit aller mit Gott und miteinander aus, was in der Zeit der Unsicherheit als besonders nötig empfunden wurde.

Um die Verbindung zu denen, die auch auch jetzt nicht nicht zum Gottesdienst kommen können, nicht abreißen zu lassen, soll der Livestream aufrecht erhalten werden.

3. Der Livestream hilft Unbeständigen zu größerer Beständigkeit

In einer immer mobileren Gesellschaft kämpfen alle Gemeinden damit, dass der wöchentliche Besuch des Gottesdienstes nicht mehr selbstverständlich ist. Das Zusammenkommen der Kinder Gottes scheint für viele Christen keine hohe Priorität mehr zu haben; „regelmäßig“ heißt häufig nicht mehr „einmal in der Woche“, sondern „etwa einmal im Monat“. Andere Aktivitäten haben an Bedeutung gewonnen und wetteifern um die Aufmerksamkeit und Anwesenheit der Gläubigen.

Vor diesem Hintergrund ist der online verfügbare Gottesdienst ein Angebot, ihn zu einer anderen Zeit „nachzuerleben“ und dadurch geistliche Nahrung zu bekommen. Auch dadurch wird Beständigkeit im Hören auf das Wort Gottes gefördert!

„Es gibt natürlich verständliche Befürchtungen, dass eine ‚Online-Option‘ die Leute von der gemeinschaftlichen Anbetung wegzieht, die so wichtig für das geistliche Leben ist“, sagt Matt Peebles. „Aber nach unserer Erfahrung ist das Gegenteil der Fall. Der online verfügbare Gottesdienst ist ein Katalysator, ein Impulsgeber für die persönliche Beziehung zu wirklicher christlicher Gemeinschaft geworden.“

Der Auftrag

Abschließend erinnert er an Römer 10, 14-15: „Wie sollen sie nun den anrufen, an den sie nicht geglaubt haben? Wie aber sollen sie an den glauben, von dem sie nicht gehört haben? Wie aber sollen sie hören ohne einen Prediger? Wie aber sollen sie predigen, wenn sie nicht gesandt sind? Wie geschrieben steht: ‚Wie schön sind die Füße derer, die Gutes verkündigen!‘“

Es ist unser Auftrag, das Wort Gottes auf jede uns mögliche Weise weiterzugeben.

„Wenn Menschen sich mit dem Evangelium verbinden – auch wenn das online geschieht – wird das Wirken des Heiligen Geistes sie zur Gemeinschaft von Gottes Volk in der versammelten Gemeinde führen.“ (Matt Peebles)

Der komplette Artikel ist hier nachzulesen: https://www.thegospelcoalition.org/article/keep-livestream/

 

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