Christ und Gemeinde – der Mehrwert von Gemeinschaft

Wenn ich die Apostelgeschichte lese, bin ich immer wieder fasziniert von der Begeisterung und der Dynamik der ersten Christen. Eine der bekanntesten und prägnantesten Beschreibungen findet sich in Apostelgeschichte 2,42. „Sie verharrten aber in der Lehre der Apostel und in der Gemeinschaft, im Brechen des Brotes und in den Gebeten.“ Gemeinschaft war also eines der zentralen Elemente der frühen Gemeinde. Gemeinschaft war den Christen so wichtig, dass sie darin verharrten. Das heute nicht mehr so gebräuchliche Wort verharren bedeutet so etwas wie lang anhaltend bleiben. Heute sieht die Situation in vielen Gemeinden oft ganz anders aus: Die Gemeindestunden sind schwach besucht, viele Geschwister kommen nur unregelmäßig, gerade nach Corona. Geschwister, die kommen, fühlen sich nicht angenommen, der Umgang miteinander ist oft distanziert und unpersönlich.

Was hat sich im Vergleich zu den ersten Christen geändert? Warum verharrten die ersten Christen geradezu in Gemeinschaft, während in unseren Gemeinden viele nicht mehr kommen?

Warum bleiben viele Christen der Gemeinschaft fern?

Aus den vielen verschiedenen Gründen möchte ich drei herausgreifen:

  • Individualismus: Unsere Gesellschaft ist mehr und mehr durch Individualismus gekennzeichnet. Das ICH mit seinen Bedürfnissen steht im Mittelpunkt. Was tut mir gut? Was brauche ich? Wo aber das ICH über das WIR gestellt wird, leidet Gemeinschaft. Diese Einstellung betrifft auch uns Christen immer stärker und macht uns immer weniger gemeinschaftsfähig.
  • Soziale Medien/Digitalisierung: Digitale Angebote sowie die Welt der sozialen Medien nehmen einen zunehmend zeitlichen und emotionalen Raum ein. Das Leben spielt sich verstärkt vor dem Bildschirm oder am Handy ab. Man spricht von sozialen Medien, aber was ist daran sozial, also irgendwie gemeinschaftlich, wenn schlussendlich jeder alleine vor seinem Bildschirm sitzt? Auch Christen nutzen in hohem Maße die digitalen Möglichkeiten, Gottesdienste oder Predigten online zu verfolgen. Was sich während Corona als Segen erwiesen und auch heute noch seinen berechtigten begrenzten Platz hat, führt jedoch zu einem Verlust an echter Gemeinschaft in den Gemeinden und fördert dazu noch die Unverbindlichkeit und Beliebigkeit. Soziale Medien und digitale Angebote können echte Gemeinschaft nicht ersetzen.
  • Wenig attraktive Gemeindeformen: Natürlich müssen wir uns als Gemeinden auch fragen, ob wir überhaupt ein attraktives Gemeinschaftserlebnis bieten. Ist unser Umgang miteinander so herzlich, nehmen wir Anteil aneinander, gehen wir auf Geschwister zu, interessieren wir uns füreinander und sind die Gottesdienste so, dass die Geschwister gerne kommen und auch gerne in der Gemeinschaft verharren?

Warum ist Gemeinschaft wichtig?

Die Stiftung Patientenschutz hat festgestellt, dass das meistgenannte Problem von 1,2 Millionen Menschen, die sich 2022 an die Telefonseelsorge gewandt hatten, Einsamkeit war (25 %). Spiegel online bezeichnet am 16.12.22 Einsamkeit als „die größte Volkskrankheit in Deutschland“.

Das Gegenteil und das Gegenmittel zu Einsamkeit ist Gemeinschaft. Hebräer 10,25 fordert uns auf, unser Zusammenkommen als Gemeinde nicht zu versäumen. Es ist Gottes Wunsch und Plan, dass wir als Christen in der Gemeinschaft einer Gemeinde leben. So wie ein Holzscheit, wenn er aus dem Lagerfeuer gezogen wird, alleine immer schwächer vor sich hin glüht, brauchen wir als Christen die Gemeinschaft in der Gemeinde, um uns gegenseitig zu stärken und zu ermutigen.

In der Bibel gibt es eine Vielzahl von Stellen, die das Miteinander der Christen beschreiben und aus der wir die Wichtigkeit von Gemeinschaft ersehen können. Hier sind einige:

1. Thessalonicher 4,18„Ermuntert einander“ =>Wir können uns gegenseitig ermutigen.
1. Thessalonicher 5,11
Hebräer 10,24
„Ermahnt einander und
erbaut einer den anderen“;
„Habt Acht aufeinander“ =>
Wir können Anteil am Leben der anderen nehmen und einander stärken, auf einem guten Weg zu bleiben.
Kolosser 3,13„Ertragt einander und
vergebt euch gegenseitig“ =>
Wir können gute Beziehungen lernen.
Jakobus 5,16„Bekennt einander eure Sünden und betet füreinander“ =>Wir dürfen Vergebung erfahren und füreinander im Gebet einstehen.
Epheser 5,19„Redet zueinander in Psalmen und Lobliedern“ =>Wir können gemeinsam Gott loben und anbeten.

Gemeinschaft in der Gemeinde ist etwas Einmaliges und Großartiges, deshalb lasst uns überlegen, wie wir sie fördern können.

Praktische Tipps, um Gemeinschaft in der Gemeinde zu fördern

Nach der Corona-Zeit haben wir in unserer Gemeinde in Heidelberg gemerkt, dass Gemeinschaft an vielen Stellen verloren gegangen ist und dass wir aktiv in Gemeinschaft investieren müssen. Hier ein paar Anregungen:

  • Die Alten mit den Jungen: Gerade die älteren Geschwister sind nur schwer aus der Isolation der Corona-Zeit herausgekommen. Deshalb haben unsere jungen Geschwister die älteren zu einem Senioren-Café im Gemeindesaal eingeladen.
  • Frauen und Männer: Eigene Treffen wie „Feuerabend“ oder Frauenfrühstück
  • Ausflüge und Gemeindefreizeiten
  • Einladen: Kreative Formen, Gastfreundschaft zu üben und sich wieder einzuladen
  • Gemeinsames Gebet
  • Singen/ Musik: Gerade das gemeinsame Singen und die Musik fördern eine Gemeinschaft, die man online nicht erleben kann

Der Herr hat uns die Gemeinde als Geschenk gegeben, und wir dürfen in ihr eine Gemeinschaft erleben, die wir nirgendwo anders finden. Lasst uns deshalb die Gemeinschaft in unseren Gemeinden fördern, damit die Geschwister gerne darin verharren.

„Das Gegenteil und das Gegenmittel zu Einsamkeit ist Gemeinschaft.“
(Andreas Kreuter)

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