Alle Jahre wieder? – Nicht für die Hirten…

Weihnachten – ein Fest, das jährlich wiederkehrt und – „alle Jahre wieder…“ – dasselbe Thema hat. Gemeinden zerbrechen sich die Köpfe, wie sie die alljährliche Weihnachtsbotschaft möglichst ansprechend unters Volk bringen. Eine Botschaft, die so wundervoll ist, dass wir Menschen sie eigentlich gar nicht erfassen können, und doch auch eine Botschaft, die für viele Menschen abgedroschen klingt.

„Alle Jahre wieder…“ kommen auch die Hirten in der Weihnachtsgeschichte vor und ich wurde herausgefordert, das jährliche Einerlei der Hirtengeschichte noch einmal neu zu betrachten und auf mich wirken zu lassen. Ich kann schon so viel verraten: Es steckt durchaus mehr darin, als man im ersten Moment vermutet!

Hirten-Qualitäten

„Und es waren Hirten in derselben Gegend, die auf freiem Feld blieben und des Nachts Wache hielten über ihre Herde.“ (Lukas 2,8)

Hirten waren in der Zeit, als Jesus geboren wurde, regelrechte Außenseiter in der Gesellschaft. Ihre Arbeit machte sie zeremoniell unrein und hielt sie auch wochenlang davon ab, den Tempel zu besuchen, um wieder rein zu werden. Genau solche Hirten hielten sich in der Nähe von Bethlehem auf. Doch dieser kurze Einstiegsvers verrät uns noch eine ganze Menge mehr über diese Hirten:

  • Trotz Schutzlosigkeit b l i e b e n sie auf dem Feld bei der Herde und nahmen ihre Verantwortung sehr zuverlässig wahr.
  • Sie blieben selbst n a c h t s auf dem freien Feld. Auch dann, wenn die Lage unübersichtlich war, blieben sie ihrer Aufgabe treu. Sie schliefen nachts nicht, sondern wachten über die Herde und kümmerten sich um das Wohl der Schafe.
  • Es war keine fremde Herde, die sie bewachten, sondern i h r e Herde. Sie lebten in Beziehung mit den Tieren ihrer Herde und trugen somit Sorge für das, was ihnen wichtig und wertvoll war.

Diese von der Gesellschaft so gering geschätzten Männer, die sicherlich einen rauen Umgangston gewohnt waren, hatten dennoch Qualitäten, von denen wir noch heute lernen können.

Licht ins Dunkel

Lukas berichtet dann von dieser besonderen Nacht, in der der Engel des Herrn in das Leben der Hirten trat. Ein Ereignis, dass selbst die rauesten Gesellen in große Furcht versetzte: „Sie fürchteten sich mit großer Furcht.“ Männer, die in ihrem Berufsalltag mit gefährlichen wilden Tieren konfrontiert waren, fürchteten sich mit großer Furcht, als der Himmel die Erde berührte. Das muss ein eindrückliches, Ehrfurcht erregendes Erlebnis gewesen sein!

Dann sprach der Engel zu ihnen – gerade zu diesen Männern, die den Ansprüchen der religiösen Führer des Volkes Israel in keinster Weise entsprachen. Doch gerade diese Männer erwählt Gott, um als erste Personengruppe die herrliche Botschaft von der Menschwerdung Gottes zu erfahren. Wir hätten vielleicht erwartet, dass der Engel des Herrn in einen Palast kommt, damit die frohe Botschaft der Geburt des Sohnes Gottes schnell die Runde macht und er von hochgestellten Persönlichkeiten geehrt würde. Doch Gott schickt den Engel zu den Armen, gering Geachteten, Außenstehenden. Er bringt im wahrsten Sinn des Wortes sein Licht in das Leben dieser Männer: „… und die Herrlichkeit des Herrn umleuchtete sie …“. Gott tritt in die Dunkelheit ihres Lebens und macht die dunkelste Zeit hell.

Dieses himmlische Licht erfüllt die Hirten mit Furcht: „…sie fürchteten sich mit großer Furcht“ heißt es in dem Bericht. Gott tritt in ihr Leben und das löst eine überaus große Furcht in ihnen aus. Im Urtext stehen hier die beiden Worte „megas“, welches von einer außergewöhnlich großen, mächtige Angst – einer Mega-Angst – oder auch Ehrfurcht spricht, und „phobeo“, das von „erschrecken“, „alarmiert werden“, aber auch von „Ehrfurcht haben“ spricht. Das Erleben der Hirten ist so gravierend, dass es ihre Zukunft verändert.

Fürchte dich nicht!

In diese überdimensionale Furcht der Hirten hinein spricht der Engel: „Fürchtet euch nicht!“.

„Fürchte dich nicht!“ ist eines der Hauptthemen in der Weihnachtsgeschichte. Bei der Ankündigung der Geburt von Johannes sagt der Engel zu Zacharias: „Fürchte dich nicht“ (Lk 1,3). In Kapitel 1,30 begegnet der Engel Maria und sagt: „Fürchte dich nicht!“. Im Lobpreis von Zacharias in Vers 74 heißt es, „dass wir … ohne Furcht IHM dienen sollen…“ und auch in Mt 1,20 spricht der Engel im Traum zu Josef und sagt: „Fürchte dich nicht, Maria, deine Frau, zu dir zu nehmen!“.

Der Engel spricht dann weiter: „Denn siehe, ich verkündige euch große Freude, die für das ganze Volk sein wird.“ Der Engel predigt hier den Hirten das Evangelium, die gute Botschaft, die nicht nur für sie bestimmt ist, sondern für das ganze Volk da ist. Das hier im griechischen verwendete Wort „laos“ bezieht sich nicht auf ein bestimmtes Volk, sondern schließt alle Menschen oder Völker mit ein. Bereits hier wird deutlich, dass das Evangelium für alle da ist. Und dann kommt die gute Nachricht, das Evangelium. Es beinhaltet nicht die Ankündigung eines Reformers oder einer siegreichen Heeresmacht, die das System verändern würde, sondern die Ankündigung eines Retters, der sich der größten Not des Menschen annehmen würde. Dieser Retter allein würde echten Frieden schenken können. „Denn euch ist heute der Retter geboren, der ist Christus (der Messias), der Herr, in Davids Stadt“.

Jetzt berichtet der Engel den rauen Gesellen von dem neugeborenen Kind, das in Windeln gewickelt ist und in einer Krippe liegt. Der ersehnte Messias kommt in einer Weise auf die Welt, die es den Ärmsten der Armen, den Außenseitern der Gesellschaft möglich macht, ihm zu begegnen.

Dann bricht das Lob der himmlischen Heerscharen aus. In Hiob 38,7 wird berichtet, dass die Engel Gott bei der Schöpfung lobten. Hier wird der Beginn der neuen Schöpfung ebenfalls vom Lob der Engel begleitet. Gott wird gelobt und verherrlicht. Aufgrund der Sünde des Menschen war einst die Herrlichkeit Gottes von der Erde gewichen, jetzt kehrt sie in der Person des Herrn Jesus Christus wieder zurück auf die Erde.

Lasst uns hingehen!

Nun berichtet Lukas von dem Entschluss der Hirten: „Lasst uns doch hingehen nach Bethlehem und diese Sache sehen, die geschehen ist und die der Herr uns kundgetan hat.“. Diese Botschaft bringt die Hirten vom Feld. Es wird deutlich, dass sie sich außerhalb von Bethlehem befanden und dass sie sich auf den Weg machen mussten. Ihre Herden ließen sie wohl zurück, und dann eilten sie nach Bethlehem und fanden schließlich den Messias, gewickelt in Windeln und in einer Futterkrippe liegend.

Es wird hier ausdrücklich berichtet, dass sie ihn fanden. Das setzt eine Suche voraus. Es gab keine Wegweiser und es war mit Mühe verbunden, das Kind zu finden. Über die ganz konkrete Begegnung der Hirten mit Jesus, Maria und Josef an der Krippe lesen wir nur wenig. Allerdings wird dann von den Auswirkungen dieser Begegnung berichtet: Sie machten das Wort bekannt, sie redeten über die gute Botschaft zu den Menschen, Maria bewahrte ihre Worte in ihrem Herzen und sie lobten und priesen Gott.

Verkündiger der guten Botschaft sein

Diese Hirten waren wohl die ersten Verkündiger der christlichen Botschaft. Es waren Männer, die sich durch Ausdauer, Beständigkeit, Zuverlässigkeit, Wachsamkeit und Mut auszeichneten. Männer, die keinen großen Wert auf ihr Ansehen und ihren Einfluss in der Gesellschaft legten, deren Leben aber dennoch ein Vorbild für erstrebenswerte Werte auch in unserer Zeit ist. Gott sucht sich also nicht irgendwelche Menschen aus. Er wählt diejenigen, die gekennzeichnet sind von Beständigkeit, Ausdauer, Mut, Zuverlässigkeit und Wachsamkeit. Er wählt Menschen aus, die Verantwortung tragen und die den Schutzbefohlenen Sicherheit geben. Diesen Menschen lässt Gott sein Licht aufgehen. Er zeigt ihnen die göttliche Wirklichkeit, die in unsere Zeit hineinkommt und die erst einmal ihr ganz persönliches Leben verändert.

Diese göttliche Botschaft löst zuerst Furcht oder auch Ehrfurcht in ihnen aus, so wie Gottes Eingreifen in das Leben von Menschen auch heute noch Furcht oder Ehrfurcht auslöst. Sein Licht macht die Dinge in den finsteren Ecken unseres Lebens offenbar und gibt uns die Chance zur Einsicht und Umkehr.

In diese Situation der Selbsterkenntnis kommt dann die Botschaft: „Fürchtet euch nicht!“. Gott tritt nicht in das Leben von Menschen, um sie in Furcht und Schrecken zu versetzen. Er kommt mit der Botschaft des Friedens. Er will den Menschen die Furcht nehmen und sie in eine neue ungeahnte Freiheit bringen und verbindet dies mit einer unfassbar schönen, überwältigenden Erfahrung. Die himmlischen Heerscharen zeigen sich in all ihrer Schönheit und Pracht. Sie ehren und verherrlichen den großen Gott, der sich in seinem Sohn so klein, so greifbar und begreifbar macht.

Dann folgen die Hirten dem Aufruf, Jesus zu suchen und es kommt zu einer persönlichen Begegnung mit dem Retter der Welt. Diese Begegnung löst dann wunderbare Worte in den Herzen dieser einfachen Männer aus. Worte, die Maria beeindrucken und die sie in ihrem Herzen bewahrt und bewegt. Worte, die sie nicht zurückhalten können, als sie sich auf den Weg zurück zu ihren Schafherden machen: „Sie priesen und lobten Gott für alles, was sie gehört und gesehen hatten, wie es ihnen gesagt worden war.“ Wie sieht es in unserem Leben aus?

Kennen wir solche Begegnungen mit „dem Himmel“? Ereignisse, die uns tief beeindrucken von der Herrlichkeit und Allmacht Gottes? Nehmen wir in unserem Alltag den Auftrag Gottes noch wahr oder wird sein Reden durch unsere Betriebsamkeit verschüttet? Haben wir noch den Mut, aufzubrechen und vielleicht sogar gegen unsere Gewohnheit Dinge hinter uns zu lassen, um dem Herrn Jesus ganz neu zu begegnen? Nehmen wir uns die Zeit, uns neu in seiner Nähe beeindrucken zu lassen?

Es gibt so viele Punkte, in denen wir von den Hirten lernen können. Ich wünsche uns das besonders für die vor uns liegende Weihnachtszeit:

Neu von Jesus beeindruckt zu werden.
Entzündet zu sein mit seinem Frieden und der Freude, die aus seiner Gegenwart kommt,
um dann, wie die Hirten, Gott zu loben und zu preisen und davon zu reden,
was wir mit IHM erlebt haben und wie er uns zur Rettung wurde,
damit noch viele Menschen in unserem Umfeld den Ruf, zum Retter zu kommen, hören.

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