Gott sieht uns! – Und auf wen blicken wir?

Da habe ich gerade den Termin für die anstehende Herz-OP bekommen. Eine Herz-Außenklappe soll erneuert werden. Die Voruntersuchungen sind abgeschlossen, und das Gespräch mit dem durchführenden Kardiologen hat stattgefunden. Bin ich nun geängstigt, besorgt, oder bin ich in meinen Empfindungen ruhiger geworden? Der Arzt weiß, dass ich ein überzeugter Christ bin. Und doch hat er gerade in dem Gespräch gesagt: „Ich hätte nicht gerne, wenn Sie von meinem OP-Tisch aus direkt in den Himmel gehen würden.“ Und ich hatte ihm mutig geantwortet: „Das wäre aber nicht das Schlechteste. Dort kann es ja nur besser werden …“

Bin ich da zu vollmundig gewesen? Ja, natürlich: Mein Ziel, bei Jesus zu sein, ist weit besser als etwas neue Lebensqualität nach der gelungenen OP an meiner Blutpumpe. Doch wenn ich an meine geliebte Frau und an meine Familie und an meine Gemeinde denke …

Ja, natürlich weiß ich, was die diesjährige Jahreslosung sagt: „Du bist ein Gott, der mich sieht!“ Und davon bin ich auch wirklich überzeugt: Mein Herr und Heiland, der mich errettet hat, ist bei mir. Das hat er versprochen. Er sieht mich, auch wenn ich in Vollnarkose auf dem OP-Tisch liege und den Händen der Ärzte ausgeliefert bin. Auch das weiß ich, dass mein Vater im Himmel über die Hände der Ärzte wacht und ihnen Gelingen schenken kann. Wie oft habe ich diese Worte schon an Krankenbetten zu anderen Kranken gesagt, um ihnen Trost zu vermitteln. Kann ich das selbst in dieser Situation aus vollem Herzen bezeugen? Und wie kann ich auf Jesus sehen, wenn ich in Narkose bin?

Vor etwa dreieinhalb Jahren hatte ich einen leichten Schlaganfall. Als damals der Notarzt den Krankenwagen bestellte und die Sanitäter mich in das rote Auto mit Blaulicht schoben und auf der Bahre festschnallten, habe ich innerlich gebetet: „Herr, wenn es jetzt zu Ende geht, ist es gut. Wenn du mich aber noch hierlässt, möchte ich noch einige Bücher schreiben.“ Später, auf der Intensivstation, konnte ich nicht mehr beten. Ich war fast wie im Halbschlaf, und die Ärzte und Pfleger arbeiteten an mir, die Geräte blinkten und surrten, die Uhr tickte, und die Zeit blieb irgendwie stehen. Viele Gedanken gingen mir durch den Kopf – und doch keine logischen oder zielführenden. Die Nacht schien stillzustehen und kein Ende zu haben. Ich wurde dankbar für die Arbeit der Mediziner. Wird das dieses Mal ebenso sein?

Deshalb möchte ich jetzt schon in den Tagen vor der Operation meine Gedanken auf meinen Heiland richten, von dem ich weiß, dass er mich sieht.

Es ist für mich unbegreiflich, dass er jeden einzelnen von allen Menschen dieser Welt nicht nur geschaffen hat, sondern ihn auch in seiner Situation, in seiner Not und seinen Ängsten sieht. Und nicht nur als einen der vielen, vielen Menschen auf dem gesamten Globus, sondern jeden einzeln und ganz persönlich. So wie damals die schwangere Magd Abrams auf der Flucht vor ihrer Herrin Sarai. Er sieht jeden Einzelnen, jetzt gerade in Kriegsnot, in Verfolgung, in Hunger, in Ängsten und Schwierigkeiten oder vor einer OP. Und jeder darf es ganz persönlich wissen und für sich in Anspruch nehmen: „Du siehst mich!“

„Herr, was für ein unvorstellbar persönlicher Gott bist du! Du verbindest dich mit mir ganz persönlich: Du bist mein Gott! Und du kümmerst dich um mich, auch wenn ich in Narkose auf dem OP-Tisch liege.“

Und noch ein Gedanke, der mir bei der Jahreslosung durch den Kopf geht: Auf wen blicke ich? Ich möchte nicht nur meinen Gott sehen, sondern auch die Menschen um mich herum. Vor allem die, die sich jetzt um mich kümmern: meine Lieben zu Hause, die Geschwister in der Gemeinde, die für mich beten, die Ärzte am OP-Tisch, die Krankenschwestern und Pfleger, die Zimmerkollegen, die diesen wunderbaren Gott und Heiland ebenso kennenlernen müssen.

„Herr, hilf mir, ihnen gegenüber freundlich zu sein und durch mein Verhalten und Beten ein Zeugnis für dich, meinen wunderbaren Herrn, meinen Heiland und Erretter, zu sein. Amen!“

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