Der Gott, der mich sieht …

Biblische Perspektiven für finstere Zeiten

Sie war jung. Sie war schwanger. Und sie rannte um ihr Leben. Mitten hinein in die Wüste. Dort konnte sie nicht weiter. Ihre Lage schien ausweglos. Sie war dem Tod geweiht.

Aber dann erlebte sie völlig überraschend ein Eingreifen Gottes, das ihre Lage komplett veränderte. Tief bewegt reagierte sie mit Worten der Anbetung Gottes: „Du bist ein Gott, der mich sieht“ (1Mo 16,13; LUT). Sie hatte begriffen: Die ganze Zeit über hatte Gott sie gesehen. Niemals auf ihrer atemlosen Flucht war sie allein, verlassen und ausgeliefert gewesen. Aber ihr war das nicht bewusst gewesen. Sie hatte nur die Ausweglosigkeit ihrer Lage empfunden.

Auch Christen können in Lebenslagen geraten, die stockfinster sind. Welche Perspektiven bietet die Bibel für solche Zeiten?

Als Erstes betont die Bibel, dass Gott ein Gott ist, der seine Kinder sieht (1Mo 16,13). Das ist wichtig, denn wer in dunkle Zeiten gerät, empfindet oft nur die Ausweglosigkeit seiner Lage. Tatsächlich aber hat Gott ihn genau im Blick. Psalm 94 lässt keinen Zweifel daran: „Der das Ohr gemacht hat, sollte der nicht hören? Der das Auge schuf, sollte der nicht sehen?“ (Ps 94,9; NeÜ). Damit ist klar: Wenn stockfinstere Zeiten kommen, gilt es immer, zuallererst den Blick auf die biblische Wahrheit zu richten. Wir sagen dann innerlich: „Ich empfinde jetzt nur das Dunkel und die Not. Angst und Hoffnungslosigkeit überschwemmen mich und nehmen mein Herz gefangen. Ich aber richte meinen Blick auf die Wahrheit. Und die sagt: ‚Gott ist ein Gott, der mich sieht!‘ Diese Wahrheit trifft auf jeden Fall zu, egal, wie ich mich jetzt fühle. Denn Gott selbst hat sie gegeben. Und darum umarme ich jetzt die Wahrheit Gottes und halte mich an ihr fest.“ So wird der Bann dunkler Gefühle gebrochen.

Wenn finstere Zeiten kommen, liegt es nahe, dass wir unsere Not mit Bitten vor Gott ausbreiten. Entscheidend ist aber, wie wir das tun. Der biblische König Joschafat zeigt, wie es geht. Er geriet in eine schwierige Lage, als er von drei Nachbarvölkern gleichzeitig angegriffen wurde (2Chr20,1). Seine eigenen Streitkräfte waren hoffnungslos unterlegen. Er verfiel in Panik (2Chr 20,3). Dann aber handelte er sehr besonnen. Gemeinsam mit dem Volk Israel begann er, Gott zu loben (2Chr 20,6-9.12). Erstaunlich! Und als es dann wenig später zur militärischen Auseinandersetzung kam, tat Joschafat noch etwas Erstaunliches: Er ließ eine Musikkapelle vorangehen, die Gott mit Liedern lobte (2Chr 20,21).

Allen war damals klar: Sollte es zum Kampf kommen, würden die Musiker des Tempel-Symphonie-Orchesters sterben wie die Fliegen. Aber dann geschahen unfassbare Dinge: Gott stiftete eine Verwirrung unter den gegnerischen Truppen. Sie gerieten in heillose Unordnung, und am Ende vernichteten sich die Feinde des Volkes Gottes gegenseitig.

Wenn wir durch Dunkelheiten hindurchmüssen, soll der Lobpreis Gottes vorangehen. Nicht unsere Befürchtungen, Ängste und Klagen, schon gar nicht unsere Verzweiflung oder unser Kleinglaube sollen vorangehen, sondern die Anbetung und der Lobpreis Gottes.

Kennen wir Lobpreis-Psalmen der Bibel auswendig, die wir dann beten können? Zum Beispiel den 23. Psalm: „Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln!“ Oder Psalm 103: „Lobe den Herrn, meine Seele, und was in mir ist, seinen heiligen Namen!“ Oder Psalm 73: „Dennoch bleibe ich stets an dir; denn du hältst mich bei meiner rechten Hand.“ Loblieder sind eine große Hilfe, wenn man durch Dunkelheiten geht. Unser Blick ist dann nämlich nicht auf die Dunkelheit gerichtet, die uns bannen will, sondern auf die Größe und Majestät Gottes. Wenn wir also in Bedrängnis kommen, dann sollten wir bitte Folgendes tun: während des Gebets nicht in der dunklen Brühe unserer Not herumwühlen, bis man selbst ganz dunkel und düster geworden ist, sondern stattdessen die Not in den Lobpreis Gottes einhüllen.

„Ja, wenn das immer so einfach wäre“, könnte jemand jetzt einwenden. „Da habe ich gebetet und Gott um Hilfe angefleht, aber die Krankheit blieb, die 31. Operation kam, ein Lebenstraum zerbrach endgültig, und ein Mensch starb, für dessen Genesung ich so viel gebetet hatte. Bei mir hat Gott kein Wunder getan!“ Manche wenden sich dann enttäuscht und auch verbittert von Gott ab. Wie schade! Sie brechen den Kontakt zu Gott ausgerechnet an der Stelle ab, wo sein ganz persönlicher Weg mit ihnen gerade beginnt.

Gott ist kein Automat, der jede Lebenskrise und jede existenzielle Bedrohung sofort durch ein Wunder beenden muss, wenn wir ihn darum bitten. Manchmal benutzt er Krisen und Bedrohungen, um uns Größeres zu geben, das wir anders nicht empfangen können. Gott hat immer einen Plan, wenn er uns durch Lebenskrisen führt, die uns erhebliche Mühe bereiten. Das heißt: Die Krisen, durch die wir gehen, bereiten immer Segnungen vor.

Wenn wir also durch dunkle Zeiten gehen, und Gott erhört unser Gebet scheinbar nicht, dann sollten wir das Schwere aus seiner Hand erst einmal annehmen. Brechen wir nicht verbittert den Kontakt ab, sondern bewähren wir das Vertrauen zu Jesus. Warten wir gespannt darauf, welchen ganz persönlichen Weg Jesus uns führen und was er uns am Ende schenken wird. Gerade wenn Gott uns scheinbar enttäuscht, will er uns einen ganz individuellen Weg führen, an dessen Ende viel Gutes steht. Nehmen wir uns selbst doch nicht die Chance, diesen Weg zu entdecken und vor allem ihn zu gehen.

Der Gott der Bibel ist ein Gott, der uns sieht. Wenn wir durch dunkle Zeiten gehen, können wir nichts Besseres tun, als ihn zu loben und anzubeten, bis er selbst unsere Dunkelheit erhellt.

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