Das Evangelium in der Kraft des Geistes leben

Das Wort „Evangelium“ bedeutet „frohe Botschaft“. Diese richtet sich nicht nur an Sünder. Der ganze Römerbrief ist darauf ausgelegt, gläubige Christen mit der Botschaft des Evangeliums zu ermahnen und zu ermutigen. Bereits im ersten Kapitel fasst Paulus zusammen: „Denn ich schäme mich des Evangeliums nicht, ist es doch Gottes Kraft [„dynamis“] zum Heil jedem Glaubenden, sowohl dem Juden zuerst als auch dem Griechen. Denn Gottes Gerechtigkeit wird darin geoffenbart aus Glauben zu Glauben, wie geschrieben steht: Der Gerechte aber wird aus Glauben leben.“ (Röm 1,16f.)

Folglich ist der Inhalt des Evangeliums Gottes Gerechtigkeit. Das ist die Grundlage. Jesus Christus ist die Antwort auf die uralte Frage der Menschheit: „Wie könnte ein Mensch gerecht sein vor Gott?“ (Hi 9,2; 25,4) Durch seinen stellvertretenden Tod ist Gottes Gerechtigkeit Genüge getan.

Das Wesen des Evangeliums ist Kraft. Paulus verwendet hier den Begriff dynamis, mit dem wir Dynamit, also Sprengkraft, assoziieren. Gott ist mit seiner gewaltigen Kraft am Werk.

Die Folge des Evangeliums ist Heil für den Glaubenden – dieses Ergebnis bezieht sich auf Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft: Im Blick auf die Vergangenheit beinhaltet das Heil Rechtfertigung (Errettung von der Schuld der Sünde), im Blick auf die Gegenwart Heiligung (Errettung von der Macht der Sünde) und im Blick auf die Zukunft Verherrlichung (Befreiung von der Gegenwart der Sünde).

In der Kraft des Geistes zu leben beinhaltet somit drei Aspekte:

  • Vergangenheit: Der Glaubende weiß, dass er von und vor Gott in eine neue Stellung versetzt ist: Wir sind gerechtfertigt und haben dadurch Frieden mit Gott. Rechtfertigung bedeutet, dass wir von Gott für vollkommen gerecht erklärt werden. Dieses Werk ist vollendet. Gott, den „Richter der ganzen Erde“ (1Mo 18,25) rufen wir jetzt im Geist der Sohnschaft mit „Abba, Vater!“ (Röm 8,15) an.
  • Gegenwart: Zum anderen wird mit der Annahme des Evangeliums das praktische Leben des Glaubenden auf den Kopf gestellt. Dieses besteht nun aus Heiligung. Der Heidelberger Katechismus beschreibt Heiligung in der 70. Frage so: „Es heißt ferner, durch den Heiligen Geist erneuert und zu einem Glied Christi geheiligt sein, sodass wir je länger je mehr der Sünde absterben und ein Leben führen, das Gott gefällt.“ Das Werk der Heiligung hat begonnen. Paulus zitiert diesbezüglich aus Habakuk 2,4: „Der Gerechte aber wird aus Glauben leben.“
  • Zukunft: Schlussendlich weiß der Glaubende um seine himmlische Perspektive. Der Glaubende erwartet. Die Hoffnung auf seinen wiederkommenden Herrn und Heiland macht ihn diesseitsfähig: Er ist ein Himmelsstürmer mit Bodenhaftung.

Das Zitat aus Habakuk 2,4 – „Der Gerechte aber wird aus Glauben leben.“ – verwendet Paulus auch im Galaterbrief (Gal 3,11). Deutlich muss er hier vor einem anderen Evangelium warnen. Dieses vertraut auf die Kraft des Fleisches. Und genau darauf kann unsere Kraft nicht gestützt werden: „Irrt euch nicht, Gott lässt sich nicht verspotten! Denn was ein Mensch sät, das wird er auch ernten. Denn wer auf sein Fleisch sät, wird vom Fleisch Verderben ernten; wer aber auf den Geist sät, wird vom Geist ewiges Leben ernten“ (Gal 6,7f.).

Reift in meinem Leben die Frucht des Geistes? „Liebe, Freude, Friede, Langmut, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut, Enthaltsam­keit“ (Gal 5,22) – die Vielfalt des geistlichen Lebens wird hier aufgezeigt. Frucht meint Werden, es ist das Gegenteil von Werken. Von diesen lesen wir zuvor: „Offenbar aber sind die Werke des Fleisches; es sind: Unzucht, Unreinheit, Aus­schweifung, Götzendienst, Zauberei, Feindschaften, Hader, Eifersucht, Zorn­ ausbrüche, Selbstsüchteleien, Zwistig­keiten, Parteiungen, Neidereien, Trinkgelage, Völlereien und dergleichen“ (Gal 5,19­21a).

Kann es sein, dass wir im Alltagstrott oft auf die Flucht vor der Frucht geraten und die Stärken in den Werken suchen? Werke des Fleisches sind tot (Hebr 9,14), doch der Geist bringt lebendige Frucht hervor. Seit Beginn der Schöpfung greift das Prinzip, dass Frucht den Samen für weitere Frucht enthält: „Und Gott sprach: Die Erde lasse Gras hervorsprossen, Kraut, das Samen hervorbringt, Fruchtbäume, die auf der Erde Früchte tragen nach ihrer Art, in denen ihr Same ist!“ (1Mo 11,1). Die Folge ist, dass „Frucht … mehr Frucht … viel Frucht“ bringt (Joh 15,2.5). Reift die Frucht bei uns? Sind die Werke des Fleisches auf dem Rückzug?

„Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus sei mit Eurem Geist“ (Eph 6,18).

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