Carl Brockhaus – und was wir von ihm lernen können

Am 7. April 2022 jährt sich zum 200. Mal der Geburtstag von Carl Brockhaus. Daran soll dieser Artikel erinnern – und an einen Mann, den Gott sehr für sein Werk gebrauchen konnte:

Carl Friedrich Wilhelm Brockhaus

(* 7. April 1822 in Himmelmert bei Plettenberg; † 9. Mai 1899 in Elberfeld) war ein deutscher Volksschullehrer und eine der führenden Persönlichkeiten der Brüderbewegung in Deutschland. Über deren Grenzen hinaus wurde Carl Brockhaus auch durch die Herausgabe der Elberfelder Bibel bekannt.

Leben und Wirken

Brockhaus war das sechste von insgesamt 14 Kindern des Tuchmachers Friedrich Wilhelm Brockhaus (1793–1878) und seiner Frau Catharina Wilhelmina geb. Krufft (1795–1852). Von 1843 bis 1848 arbeitete er als Lehrer in Breckerfeld, wo er am 19. April 1848 Emilie Wilhelmine Löwen (1829–1911), die jüngste Schwester von Julius Löwen, heiratete. Sie bekamen 13 Kinder, unter ihnen Rudolf Brockhaus.

War er im Elternhaus zur Gottesfurcht im Sinne eines einwandfreien Lebenswandels erzogen worden, so erkannte er bald, dass ein bürgerlich-anständiges Leben gegenüber der Gerechtigkeit Gottes nicht ausreicht. Im Gegenteil, beim Studium der Bibel trat ihm seine Sündhaftigkeit um so greller entgegen, bis er im Dezember 1845 erkannte: „Meine Sünden waren mir vergeben, weil Jesus die Schuld entrichtet (hat).“ Von jetzt ab verkündigte er in Bibelstunden das Evangelium, was die Pastoren dem ernsten und bibelkundigen jungen Lehrer ausnahmsweise gestatteten.

Er schloss sich 1850 dem in Elberfeld tätigen Evangelischen Brüderverein an und wurde nur kurze Zeit später zum hauptberuflichen „Boten“ dieser Vereinigung berufen. In dieser Zeit pflegte er auch zu Julius Köbner, dem Mitbegründer der deutschen Baptisten, und zu Hermann Heinrich Grafe, dem späteren Vater der Freien evangelischen Gemeinden, geistliche Beziehungen.

Aufgrund seiner zunehmenden Sympathie mit den Lehren John Nelson Darbys und dem Bestreben, bei Versammlungen von Gläubigen auch das Abendmahl zu feiern, kam es jedoch 1852 zu Meinungsverschiedenheiten im Evangelischen Brüderverein, die im Dezember zum Austritt Brockhaus’ und mehrerer anderer „Boten“ (darunter Carls Bruder Wilhelm Brockhaus) aus dem Verein führten. Fortan widmete er sich der Gründung und geistlichen Betreuung von Glaubensgemeinschaften und Versammlungen gemäß den Einsichten, die er durch den Einfluss von Brüdern aus dem Umfeld John Nelson Darbys und von diesem selbst aus dessen Schriften gewonnen hatte. Zwischen 1853 und 1878 kam Darby auch neunmal zu Besuch nach Deutschland.

Grundlage der weiteren Tätigkeit von Brockhaus waren folgende Einsichten:

  • wiedergeborene Christen gehören zusammen und sollen sich frei versammeln können;
  • die Feier des Abendmahls ist der biblische Ausdruck ihrer Gemeinschaft mit dem Herrn und untereinander;
  • das christliche Zeugnis sollte man nicht von Institutionen und Satzungen, sondern allein vom Heiligen Geist abhängig machen.

Sein Glaubensschritt, sich in seinem Dienst von allen äußeren Fesseln zu lösen und fortan nur noch von seinem Herrn abhängig zu sein, erwies sich in der Folgezeit als der entscheidende Anstoß für die Entwicklung der Brüderbewegung in Deutschland, und Carl Brockhaus sollte zu ihrem unermüdlichen Motor werden.

Zwei Zielsetzungen waren dabei für ihn charakteristisch:

  1. Menschen das Evangelium von Jesus Christus zu verkündigen und sie zur Buße und Bekehrung zu rufen; und
  2. Gläubige und Gläubiggewordene außerhalb jeder konfessionellen Bindung zu versammeln und dabei auf das Wort Jesu zu vertrauen: „Wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich in ihrer Mitte“ (Mt 18,20).

Bedeutung und Werk

Von großer Bedeutung für die Entwicklung der deutschen Brüderbewegung war auch die literarische Arbeit von Carl Brockhaus, die seiner umfangreichen Reisetätigkeit durchaus nebenzuordnen ist, war er sich doch von vornherein darüber im Klaren, wie wichtig für die jungen Versammlungen das literarische Band war. Carl Brockhaus prägte Theologie und Praxis der Brüderbewegung daher auch durch die Gründung eines christlichen Verlags, die Herausgabe einer christlichen Monatszeitschrift (1853 „Der Botschafter in der Heimath“, ab 1854 „Botschafter des Heils in Christo“), verschiedener Kleinschriften aus eigener Feder sowie Übersetzungen englischer und französisch-schweizer Brüder und durch die Zusammenstellung eines Gesangbuchs („Kleine Sammlung Geistlicher Lieder“, 1853ff.), das bis zur Jahrhundertwende auf 147 Lieder anwuchs. Mindestens 60 Liedtexte davon werden allein Carl Brockhaus zugeschrieben.

Über den Rahmen der Brüderbewegung hinaus wurde Carl Brockhaus durch die Herausgabe der „Elberfelder Bibel“ bekannt.

Für Carl Brockhaus war es schon früh selbstverständlich, dass zu einem richtigen Verständnis der Bibel eine wortgetreue Übersetzung Voraussetzung war. Und so hatte er den Mut, schon 1855 das Neue Testament in neuer Übersetzung herauszubringen, allerdings mit Hilfe gelehrter Mitarbeiter, u. a. wieder J. N. Darby, der ein gründlicher Kenner der alten Sprachen war. 1871 folgte das Alte Testament, womit eine Bibelübersetzung geschaffen war, die an Textgenauigkeit von keiner anderen deutschen Übersetzung übertroffen wurde, wenn auch die sprachliche Glätte zuweilen darunter litt. Als Grundlage für das Bibelstudiums wurde die „Elberfelder Bibel“ vielen der alten Sprachen unkundigen Bibelleser unentbehrlich. Carl Brockhaus hatte mit seiner wortgetreuen Übersetzung der Heiligen Schrift der uneingeschränkten Achtung der „Brüder“ vor der Autorität des Wortes Gottes bleibenden Ausdruck verliehen.

Mit der „Elberfelder Bibel“ wurde die Brüderbewegung auch zu einer Bibelbewegung, in der die Kenntnis des biblischen Textes Gemeingut war. Die aufgeschlagene Bibel in den Händen fast aller Versammlungsbesucher war dafür nur ein äußeres Zeichen.

Rückblick

Als Carl Brockhaus am 9. Mai 1899 im Alter von 77 Jahren in Elberfeld heimgerufen wurde, konnte er auf ein halbes Jahrhundert rastloser Tätigkeit für den Herrn zurückblicken. Nur die letzten Lebensjahre hatten ihn durch körperliche Beschwerden mehr und mehr behindert und an das Haus gefesselt.

Seine Arbeit war nicht ohne Frucht geblieben. Etwa 20000 Gläubige versammelten sich in den deutschen Brüderversammlungen, die er trotz der Organisationsfeindlichkeit der Bewegung als eine von Liebe und vorbildlichem Leben geprägte Führerpersönlichkeit zusammenzuhalten vermocht hatte.

Vielen Menschen hatte er den Weg zu Jesus Christus gewiesen. Dabei war er nüchtern und natürlich geblieben, religiösen Schwärmereien gegenüber war er stets abgeneigt gewesen. In seiner gütigen und freundlichen Art hatte er es auch verstanden, Kindern Jesus Christus lieb zu machen und vielen schon in ihrer Jugend zum Segen zu werden.

An seinem Grab konnte sein Freund H. C. Voorhoeve sagen: „Unser heimgegangener Bruder war ein Hirte, ein Lehrer, ein Evangelist. Das kommt selten vor. Es ist eine herrliche, gnadenreiche Ausnahme.“

 

(Dieser Artikel beruht auf einem Beitrag von Gerhard Jordy aus dem Jahr 1999 und Angaben bei Wikipedia.)

Zur Vertiefung:

Matthias Hilbert:
Unvergessene Wuppertaler und oberbergische Glaubensboten.
Zwölf Personenportraits.

 

 

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