Diese Verse sollte man kennen:
„Und danach wird es geschehen, dass ich meinen Geist ausgießen werde über alles Fleisch. Und eure Söhne und eure Töchter werden weissagen, eure Greise werden Träume haben, eure jungen Männer werden Visionen sehen. Und selbst über die Knechte und über die Mägde werde ich in jenen Tagen meinen Geist ausgießen.“
(Joel 3,1.2)
Prophet ohne Visitenkarte
Die meisten prophetischen Bücher beginnen mit einem Hinweis über die Herkunft des Propheten und einer Angabe, unter welchen Königen sie ihr Amt ausübten. Das fehlt hier alles. Andere Propheten kann man ganz gut einordnen, weil sie in den Königsberichten erwähnt werden. Aber in diesem Fall hilft das auch nicht weiter. Neben dem Propheten gibt es 13 weitere Joels im AT, aber keiner lässt sich sicher mit ihm identifizieren.
Indizien für die Wirkungszeit
Wir können also nur versuchen, die Wirkungszeit aus dem Inhalt des Buches selbst zu gewinnen. Die Mehrzahl der konservativen Ausleger setzt Joel im 8. Jahrhundert vor Christus an. Warum?
- Ein wichtiger Hinweis sind die erwähnten Feinde: Die Phönizier, Ägypter, Philister und die Edomiter. Mit denen hatte es Israel im 9. und 8. Jahrhundert zu tun. Später waren die Assyrer und Babylonier die Hauptfeinde. Da diese aber nicht vorkommen, muss Joel früher gewirkt haben.
- Der fehlende Hinweis auf einen König lässt die Annahme zu, dass Joel zu einer Zeit wirkte, in der die Regierungsgewalt nicht beim König lag. Das war in der Zeit von König Joas der Fall, der zwar mit 7 Jahren gekrönt wurde, aber nicht die Regierungsgeschäfte innehatte.
Besonderheiten
Das Buch beginnt mit der Klage über eine landwirtschaftliche Katastrophe: Heuschrecken, Trockenheit, Missernte – das ist der Hintergrund für den Ruf zu Buße und Besinnung. Was dem »kleinen Propheten« jedoch seine heilsgeschichtliche Bedeutung gibt, ist die Ankündigung, dass eines Tages der Heilige Geist über »alles Fleisch« ausgegossen wird.