Was ist Gottesfurcht, und woran ist sie zu erkennen?

(Gottes-) Furcht am Beispiel des Matthäus-Evangeliums

Um eine Antwort auf die oben gestellte Frage zu erhalten, werden im Folgenden Schilderungen aus dem Matthäusevangelium herangezogen. Bei diesen Ereignissen zeigen Menschen Furcht. Und diese Furcht beeinflusst ihr Verhalten.

In Matthäus 1,19-20.24 wird Josef beschrieben, der über seine Zukunft und die seiner Verlobten nachdenkt. Ein Engel erscheint ihm. Er fürchtet sich vor der für ihn unbekannten Nähe und Heiligkeit Gottes. Mit einem „Fürchte dich nicht!“ erhält er Zuspruch. Die Angst wird ihm genommen. Die überbrachte Weisung Gottes nimmt er an. Josef handelt, wie der Herr ihm befohlen hat. Gehorsam ist seine Reaktion.

In Matthäus 2,19-22 hat Josef eine  weitere Engel-Erscheinung. Hier wird von keiner Furcht vor dem Engel berichtet. Vielmehr hat Josef Furcht vor einem Menschen. Er erhält den Auftrag, mit seiner Familie aus seinem Asyl in Ägypten wieder zurück nach Israel zu gehen. Dort herrscht der Sohn des Kindermörders Herodes. Josef hat Überlebensangst und Angst um seine Familie. In der Anweisung, nach Galiläa zu gehen, ist zu erkennen, dass Gott Josef nicht überfordert. Es bleibt ein Abstand zu Jerusalem. Im Vertrauen in die Zusage Gottes überwindet er seine konkrete Furcht vor einem Menschen.

In Matthäus 8,23-27 sind die Jünger in einem heftigen Sturm auf dem See zu sehen. Sie haben Furcht vor den Naturgewalten und Angst um ihr Leben – obwohl Jesus mit im Boot ist. Jesus tadelt das mangelnde Vertrauen in ihn als kleinen Glauben. Er gebietet den Naturgewalten und beseitigt die Ursache der Furcht. Es entsteht eine große Stille, anscheinend auch bei den Jüngern. Es bleibt die Frage des Staunens: Was für einer ist dieser?

In  Matthäus 9,6-8 erlebt die Volksmenge ein Wunder Jesu, die Überwindung der natürlichen Grenzen. Sie haben
Furcht vor der Vollmacht, die Gott einem Menschen gegeben hat. Der Sohn des Menschen als und für Gott handelnd. Diese Furcht führt zur Verherrlichung Gottes.

In Matthäus 10,16.28-31 bereitet Jesus seine Jünger auf kommende Verfolgung vor – wie Schafe unter Wölfen  werden sie sein. Jesus bringt seine Nachfolger bewusst in einen Gefahrenbereich, heraus aus der persönlichen Komfortzone. Sie sollen keine Furcht vor den Menschen haben, da diese maximal den Leib töten, aber nicht die Seele antasten können. „Der Herr ist mein Helfer, was soll mir ein Mensch tun?“ (Hebräer 13,6; Psalm 118,6). Aber die Jünger sollen Furcht vor Gott haben. Er ist der Mächtigere. Für die Jünger ist in Gott Geborgenheit zu finden, auf der Seite des Stärkeren. Aber wehe den Wölfen. Die Gottesfurcht überwindet Menschenfurcht. (Siehe auch das Beispiel Moses in Hebräer 11,27.)

In Matthäus 17,5-8 wird berichtet, wie Petrus, Jakobus und Johannes von der Herrlichkeit Gottes überwältigt werden. Sie fallen auf ihr Angesicht und fürchten sich sehr. Hier erfahren sie den Zuspruch Jesu und die wohltuende Nähe Gottes. Jesus rührt sie an und überwindet den Abstand zwischen Gott und Mensch.

In Matthäus 21,26.46 werden Pharisäer geschildert, die das Volk fürchten und daher nicht das sagen, was sie denken, und nicht das tun, was sie wollen. Sie haben Angst vor Macht- und Kontrollverlust. Da ist Menschenfurcht und keine Gottesfurcht.

In Matthäus 27,54 sehen wir den Hauptmann bei der Kreuzigung Jesu. Er fürchtet sich vor dem Erdbeben und gleichzeitig nimmt er das Ringen Jesu am Kreuz war. Dies führt bei ihm zum Erkennen des Sohnes Gottes.

In Matthäus 28,2-5 erleben die römischen Wächter und die Frauen am Grab des Auferstanden ein Erdbeben und eine Engel-Erscheinung. Naturgewalt und die Nähe Gottes in Offenbarung seiner Herrlichkeit lassen die Wächter erstarren. Sie beben und werden wie Tote. Die Frauen hingegen erhalten die Zusage: „Fürchtet euch nicht!“, und ihnen wird Trost und Mut zugesprochen.

In Matthäus 28,8-10 staunen die Frauen in der Begegnung mit dem Auferstandenen, in Furcht und großer Freude. Diese Furcht ist kein Kleinglaube, sondern motiviert im Einsatz für Gott und nimmt den anderen (Furchtgeplagten) in das eigene Blickfeld.

Fazit

Wir erkennen an den aufgeführten Ereignissen, dass Gottesfurcht Gehorsam, Vertrauen und Verherrlichung Gottes bewirkt. Gottesfurcht überwindet Menschenfurcht und bringt Bewegung in das Leben und den Blick für den anderen. Gleichzeitig ist im Erleben der Größe Gottes auch die Geborgenheit in Gott erfahrbar. Gott ruft uns ein „Fürchte dich nicht!“ zu und berührt uns, überbrückt die Distanz.

Wenn das Wissen um die Größe Gottes und die Geborgenheit in Gott unser Leben bestimmen, dann führen wir ein Leben in Frömmigkeit. Das ist gelebte Gottesfurcht – frei von Angst.

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