Vom Bäcker zum Evangelisten (Ein Interview mit Harry Grunwald)

Drei Jahrzehnte diente Harry Grunwald als Evangelist bei der Barmer Zeltmission, und selbst im hohen Alter (derzeit 89 Jahre) ist er noch aktiv für den Herrn. Claus Bode hat mit ihm gesprochen, damit noch mehr Menschen von seinen Lebenserfahrungen profitieren können:

Wie bist du Evangelist geworden?

Durch mein persönliches Bibelstudium gewann ich immer mehr Erkenntnis und Verständnis der Heiligen Schrift. In den umliegenden Gemeinden predigte ich fast jeden Sonntag und wurde bald ermuntert, den Bäckerbetrieb in Bad-Laasphe aufzugeben, um mehr Zeit zu haben das „lebendige Brot Jesus Christus“ zu predigen. So kam es, dass ich eines Tages meine Bäckerei verkaufte, um in den vollzeitlichen Dienst zu gehen. Das geschah im Rahmen der (damals noch) „Zeltmission Wuppertal-Barmen“.

Gab es ein besonderes Erlebnis in deinem Dienst?

Ja, das gab es. In der kleinen Hafenstadt Wilster an der Elbmündung war mein erster Einsatz im kleinen Zelt mit 100 Sitzplätzen. Hier sollte ich an elf Abenden predigen. Während der Ausübung meines Berufs als Bäcker predigte ich ja schon an Sonntagen in verschiedenen Gemeinden entsprechend meinem Erkenntnisstand. Aber in Wilster waren Menschen, die noch kein Evangelium kannten. Sie brauchten dringend Ansprache in Bezug auf Sündenerkenntnis, Vergebung und persönliche Buße und Glauben. Ich hatte noch nicht gelernt, „evangelistisch“ zu reden. Diese Gabe hatte ich so nicht. Ich war sehr verzagt und entmutigt und bereit, den Dienst als Evangelist einzustellen, wenn sich daran nichts änderte. Ich ging mit meiner inneren Not eine ganze Nacht ins Gebet.

Schon am nächsten Abend war eine ganz andere Atmosphäre im Zelt. Meine Predigt sprach die Zuhörer an. Was mit mir geschah, war mir unbegreiflich. Es war die Stunde der Berufung und die Erfahrung, was Jesus einmal zu seinen Jüngern sagte: „Denn nicht ihr seid die Redenden, sondern der Geist eures Vaters, der in euch ist.“ (Mat 10,20)

Gab es Durststrecken oder Krisen in deinem Dienst? Wenn ja, wie hast du sie bewältigt?

Die ersten sechs Jahre meines Verkündigungsdienstes waren nur in Schleswig-Holstein im kleinen Zelt. Es war eine Pionierarbeit von Ort zu Ort mit wenigen Mitarbeitern. In manchen Orten gab es keine Gläubigen. In Wrist hatte die Zeltmission eine Missionsstation. Von dort kamen Mitarbeiter zum Zeltaufbau und zum Verteilen der Einladungen. Einmal kam niemand. Das Zelt blieb leer. Es gab keine Predigt. Das „nicht ausgesprochene Evangelium“ wirkte dennoch. Hier entstand später eine kleine Gemeinde. Jeder Evangelist kennt die Erfahrung, dass das Evangelium abgelehnt wird; aber jede Annahme der frohen Botschaft gibt immer wieder neuen Mut, die „Durststrecken“ als bestehende Tatsache im Predigtdienst hinzunehmen. Der Apostel Paulus schrieb im Brief an die Korinther: „Wenn auch unser Evangelium verdeckt ist, so nur in denen, die verloren gehen.“ (2. Kor. 4,3)

Hast du jemals daran gezweifelt, ob der Dienst, den du tust, der richtige ist?

Meine Berufung zum Evangelisten in dem nächtlichen Gebetskampf in Wilster war so stark, dass ich niemals mehr zweifelte. Der Herr bestätigte meinen Dienst. Von 1975 bis 2005 predigte ich das Evangelium. In dieser Zeit kamen viele Menschen zum lebendigen Glauben. Das ist ein unschlagbarer Beweis, dass Gottes Wort wirkt wie ein Hammer, der Felsen zerschlägt. Zweifel sind normal; aber sie verschwinden, wenn man Jesus erkennt als „den Weg, die Wahrheit und das Leben“.

Was kannst du anderen Geschwistern als besondere Ermutigung mit auf den Weg geben?

Da möchte ich nur antworten mit den Worten des Apostel Paulus an seinen Mitarbeiter Timotheus: „Du aber sei nüchtern in allem, ertrage Leid, tue das Werk eines Evangelisten, vollbringe deinen Dienst.“ (2. Tim. 4,5)

Was wünscht du dir für die Zukunft der Barmer Zeltmission?

Was mich immer erfreut und getröstet hat, war die Zusammenarbeit mit den vielen lieben Geschwistern im Rahmen der Zeltmission. Mein Wunsch und mein Gebet ist, dass dieses wunderbare Werk bestehen bleibt bis unser Herr kommt, um seine Gemeinde durch ihre Vollzahl zu vollenden.

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