Unterwegs bei demenzkranken Menschen

Liebe Margret, du besuchst gerne demenzkranke Menschen. Seit wann und wie oft machst du solche Besuche?

Seit 2010 bin ich bei der AWO (Arbeiterwohlfahrt) als Alltagshilfe beschäftigt. In dieser meiner Arbeit wurde mir bewusst, dass ich eine Gabe und auch die Freude dazu habe, Demenzkranke zu betreuen. Ich betreue zurzeit zwei Senioren an drei Nachmittagen in der Woche. Außerdem leite ich an einem Nachmittag noch eine Demenzgruppe.

Wo finden die Besuche statt und wie gestaltest du diese Besuche?

Besuche im Rahmen der AWO mache ich bei den Menschen zu Hause. Die Demenzgruppe fndet im Haus der AWO statt. Privat gehe ich auch immer mal wieder in die Pflegeheime. Durch Bildungsangebote und Fortbildungen, die von der AWO angeboten werden, bekomme ich viele gute Ideen und Anregungen, sowie auch entsprechendes Material für Arbeit mit Demenzkranken.

Die Gestaltung der Nachmittagsbesuche, zu Hause bei den Kranken, richtet sich nach dem Schweregrad der Demenz. Bei fortgeschrittener Alzheimerdemenz ist Bewegung das sinnvollste, sei es spazieren gehen oder einfache Gymnastik, auch Singen wird gut angenommen. Ansonsten mache ich das, was den Senioren Freude macht, z.B. Brettspiele, leichte Bastelarbeiten, Singen, Spazierengehen (mit Rollstuhl) und Vorlesen. Ganz wichtig: Erzählen lassen, (auch wenn sie immer das Gleiche erzählen), alte Fotos anschauen (da kommen Erinnerungen auf, über die man gut ins Gespräch kommen kann).

In der Demenzgruppe sind grundsätzlich leicht und mittelschwer Erkrankte. Wir haben in dieser Gruppe ein besonderes Begrüßungsritual, dann Kaffeetrinken mit einer schönen Tischdekoration. Die Leute sollen Zeit für einander haben und sich wohlfühlen können. Während der drei Stunden unseres Zusammenseins machen wir Gymnastik, wir singen zusammen, auch christliche Lieder, und machen Gemeinschafts- und Gesellschaftsspiele. Das Vorlesen kommt auch hier nicht zu kurz. Nicht nur die christlichen Feiertage, wie Weihnachten, Ostern und Pfngsten, sondern auch andere Anlässe bieten gute Gelegenheiten, über den Glauben ins Gespräch zu kommen. Die Gruppenarbeit macht mir viel Freude und wenn ich merke, dass die Senioren gerne kommen und einen schönen Nachmittag erleben, gibt es mir viel zurück.

Wie werden die Besuche von den Betroffenen wahrgenommen?

Da die Demenzkranken gut zeigen, was sie empfnden, freue ich mich immer, wenn ich komme und in ein strahlendes Gesicht schauen kann. Allerdings habe ich auch schon erlebt, dass bei einem Nachmittagsbesuch eine Seniorin zu mir sagte: „Oh, dich kann ich jetzt nicht brauchen.“ Aber wir verbrachten dann doch noch eine gute Zeit miteinander. Manche negativen Äußerungen darf man nicht zu persönlich nehmen.

Was motiviert dich, diese Menschen zu besuchen?

Ich bin dankbar, wenn ich den Menschen etwas Gutes tun kann. Ich kann durch die Betreuung auch die Angehörigen und die Pflegeperson entlasten. Außerdem, wie schon erwähnt, bekomme ich viel zurück.

Gibt es Erfahrungen und Erlebnisse, über die du dich freuen kannst?

Wie ich schon sagte, drücken Demenzkranke ihre Gefühle gut aus und wenn zu mir gesagt wird: „Ich mag Dich!“, ist das schon sehr motivierend. Auch wenn ich merke, dass sie sich freuen, ist das für mich sehr schön.

Wenn jemand ebenfalls Interesse hätte in seiner Stadt Demenzkranke zu besuchen, was würdest du ihm empfehlen?

Ganz wichtig ist es, ein Bildungsangebot anzunehmen oder eine Fortbildung zu besuchen. Viele Angebote gibt es bei der Alzheimer Gesellschaft. Beim „AWO-Pflegestützpunkt“ kann man sich danach erkundigen. Es ist eine wichtige Voraussetzung, dass man die Erkrankung versteht, um den Betroffenen entsprechend zu begegnen und im Umgang mit ihnen richtig reagieren zu können. Ein wertschätzender Umgang mit viel Geduld ist wichtig und natürlich Freude daran – aber die kommt oft von alleine.

 

Das Interview führte Hermann Fürstenberger.
www.diakonie-persis.de

„Wenn ich einmal dement werde…“
– Margret Lenks Gedicht aus der Sicht eines an Demenz Erkrankten hilft, diese Situation besser zu verstehen.

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