Sind Schöpfung und Evolution vereinbar? (Warum eine Harmonisierung nicht gelingt)

Ohne Kenntnis der Vergangenheit können wir die Gegenwart nicht verstehen. So ist zum Beispiel der gegenwärtige Zustand eines Volkes nicht verstehbar ohne das Wissen, wie es geworden ist. Der Zusammenhang von vergangener Geschichte und Gegenwart ist auch für das Verständnis der Menschheit insgesamt und der ganzen Schöpfung wesentlich. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts hat sich weithin die Sichtweise durchgesetzt, dass der Mensch in einem evolutionären Prozess über viele Generationen hinweg während vieler Millionen
Jahre in einem „Kampf ums Dasein“ allmählich aus dem Tierreich entstanden sei. Vor diesem Hintergrund versuchen Evolutionsbiologen, den heutigen Menschen mit seinen Fähigkeiten, aber auch mit seinen Fehlleistungen zu verstehen. Der Mensch sei demnach so, wie er ist, weil er dem Tierreich entstamme; auch sein Verhalten einschließlich seiner hässlichen Seiten sei ein evolutionäres Erbe, ebenso die Tatsache, dass jeder Mensch sterben muss.

Sowohl das Alte als auch das Neue Testament erklären die heutige Situation des Menschen ganz anders. Der Mensch wurde von Gott gut geschaffen, er wendete sich aber von seinem Schöpfer ab (das nennt die Bibel Sünde) und muss deshalb sterben. Jesus Christus bestätigt in einem Streitgespräch mit den Pharisäern die Erschaffung des Menschen, wie sie in den ersten Kapiteln der Bibel beschrieben wird. Was darin über den Menschen gesagt wird, ist für Jesus bindend: „Habt ihr nicht gelesen, dass der Schöpfer die Menschen von Anfang an als Mann und Frau geschaffen hat?“ (Mt 19,4). In diesem Gespräch kommt auch die Hartherzigkeit des Menschen zur Sprache. Jesus macht hier klar: „Von Anfang an ist es nicht so gewesen“ (Mt 19,8) – eine Anspielung auf den Sündenfall. Die Hartherzigkeit ist kein Schöpfungsmerkmal des Menschen, sondern erst später hinzugekommen. Auch hier gilt: Die Vergangenheit macht die Gegenwart verständlich: Die ersten Kapitel der Bibel erklären, weshalb der Mensch Sünder ist und er sterben muss und einen Retter braucht – Jesus Christus.

Ähnlich argumentiert Paulus. Den gebildeten Athenern erklärt er, dass die ganze Menschheit von einem einzigen Menschen abstammt (Apg 17,26). In einer Gesellschaft, die das biblische Schöpfungszeugnis nicht kannte, hebt er gerade diesen Punkt hervor. Im Römerbrief stellt Paulus einen Zusammenhang zwischen dem ersten, von Gott geschaffenen Menschen und Jesus Christus her (Röm 5,12ff.). Der eine brachte Sünde und Tod, der andere Rechtfertigung (Freispruch trotz Sünde) und Leben. Hier stehen sich zum einen zwei Personen gegenüber: Adam, der erste Mensch, und Jesus Christus; und zum anderen das, was sie bewirkt haben und Folgen für alle Menschen hatte: das Verlorensein auf der einen Seite und die Möglichkeit der Errettung von Sünde und Tod auf der anderen Seite. Damit wird klar: Das Evangelium ist mit dem biblischen Zeugnis über den Anfang unauflöslich verwoben.

Wenn der Mensch vom Affen abstammen würde…

Der Konflikt mit der evolutionären Geschichtsschau ist vor diesem Hintergrund unvermeidlich: Wenn der Mensch aus dem Tierreich stammte, gäbe es nicht den einen – Adam –, durch den die Sünde in die Welt kam, und die Gegenüberstellung mit Jesus Christus wäre sinnlos. Sünde wäre genauso ein Evolutionsprodukt wie z.B. der aufrechte Gang. Evolution bedeutet ja nicht nur eine allmähliche Veränderung der Gestalt, sondern schließt auch das Verhalten des Menschen ein, auch seine Gewaltbereitschaft, Hass, Neid u.a.

Dazu kommt: In der Evolution wird der Tod gleichsam als kreativer Faktor angesehen, da nur durch den Tod eine beständige Fortentwicklung allen Lebens möglich ist. Der Tod wäre also nicht Folge der Sünde (Röm 5,12; Röm 6,23), sondern Mittel einer durch Evolution sich vollziehenden Schöpfung. Der Textzusammenhang in Röm 5,12ff. erlaubt es nicht, den Tod auf den Aspekt der Trennung von Gott zu reduzieren (geistlicher Tod); der leibliche Tod als Folge der Sünde ist eingeschlossen, genauso wie in der Sündenfallerzählung (1Mo 3).

Um die Problematik zu verdeutlichen: Warum ist der Mensch verloren und braucht einen Retter? (Lk 19,10) Weil ihn eine durch Gott gelenkte, schöpferische Evolution dazu gemacht hat? Nein, weil er als herrliches Geschöpf Gottes durch seine Abkehr von seinem Schöpfer seinen ursprünglichen Stand verloren hat. Nur vor diesem Hintergrund kann verstanden werden, warum Jesus Mensch wurde, für uns litt und am Kreuz starb. Es steht also nichts Geringeres als das Kernstück des Evangeliums auf dem Spiel.

Jesus ist der Schlüssel für die Schöpfung

In der Frage nach dem rechten biblischen Schöpfungsverständnis ist für einen Christen besonders der Blick auf das Handeln Jesu maßgeblich. Jesus Christus hat durch einen bloßen Befehl Schwerkranke augenblicklich geheilt und sogar Tote ins Leben zurück gerufen. Hier wird deutlich, was Schöpfung durch das Wort bedeutet: Unmittelbar geschieht etwas, was durch einen natürlichen Prozess gar nicht ablaufen könnte.

Mit diesen Taten erweist sich Jesus als derjenige, der mit göttlicher Macht und Autorität handelt. Daran ist er als Gottes Sohn ausgewiesen und erkennbar. Denn im Alten Testament wird Gottes Handeln ebenso beschrieben: „Wenn er spricht, so geschieht es, wenn er gebietet, so steht es da“ (Ps 33,9) – ganz anders als naturgesetzliche, natürliche Prozesse es vermögen, die hinter der Evolution stehen sollen. Das schöpferische Wirken Jesu gleicht auch der Schöpfung am Anfang: „Und Gott sprach: Es werde! Die Erde bringe hervor! Das Wasser wimmle!“ Hier wird deutlich, dass Schöpfung zum einen das Setzen der geregelten Abläufe der Natur bedeutet und auch ein Eingreifen in die selbigen einschließt – wie am Wirken Jesu anschaulich erkennbar.

Neben den hier aufgeführten biblisch-theologischen Argumenten, die gegen eine evolutionäre Geschichtsschau sprechen, liefert die Naturwissenschaft selber unzählige Belege dafür, dass die Natur kreativ gestaltet wurde, aber selbst nicht in der Lage ist, sich selbst schöpferisch hervorzubringen.

Abstrakter und in allgemeiner Form wurde diese Erkenntnis schon vor fast 2000 Jahren im Hebräerbrief prägnant zusammengefasst:

„Durch Glauben erkennen wir, dass die Welt durch Gottes Wort ins Dasein gerufen worden ist; es sollte eben das jetzt Sichtbare nicht aus dem sinnlich Wahrnehmbaren entstanden sein“ (Hebr 11,3; nach Menge).

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