„Sei stark in der Gnade!“ (Wie sich Gottes Gnade im Glaubensleben auswirkt)

„Du nun, mein Kind, sei stark in der Gnade, die in Christus Jesus ist“ (2Tim 2,1). Paulus weiß, dass er bald das Ziel seines Glaubens erreicht hat. Den Siegeskranz der Gerechtigkeit vor Augen, erinnert er sein geistliches Kind Timotheus, dass es darauf ankommt, in der Gnade stark zu sein bzw. zu werden. Paulus meint damit diese liebevolle und wohlwollende Zuwendung Gottes, die den verlorenen Sünder rettet. Keiner hat das je verdient. Ebenso gibt es keine Vorleistungen, die man bringen kann. Es ist nicht so, dass Gott den Sünder wegen guter Führung begnadigt. Er beschenkt aus freiem Willen in unendlicher Liebe den verdorbenen Menschen mit Vergebung und neuem Leben. Selbst unsere Buße geht auf sein gnädiges Wirken zurück. Immer sind seine Kinder „nur“ Beschenkte.

Dies gilt aber nicht nur bei der Errettung, sondern für das ganze Leben in der Nachfolge!

Timotheus hat schwere, gefahrvolle Zeiten vor sich. Der Widerstand gegen Gottes Vorgaben wird massiv zunehmen. Nur durch Gottes Beistand kann er in diesen Zeiten bestehen. Vor ihm liegt die anspruchsvolle Aufgabe, das „geistliche Erbe“ so weiterzugeben, dass es unverfälscht und unverkürzt in den folgenden Generationen der Gemeinde Gottes gelebt werden kann. Alle Empfehlungen, die Paulus Timotheus und uns in diesem Zusammenhang gibt, können nur verwirklicht werden, wenn Gott es schenkt.

Das gilt für jeden Dienst, der für Gott getan wird. Er wirkt die geistlichen, geistigen und körperlichen Voraussetzungen. Er schenkt die Möglichkeiten. Wenn wir mit unserem Leben Gott dienen, sind es „nur“ die Werke, die er vorher zubereitet hat (Eph 2,10).

Das Gemeindeleben ist ohne den Einsatz der Gnadengaben nicht vorstellbar. Es ist Gott, der sie gibt. Jedes Kind Gottes weiß, dass die Ausübung zum Segen für die anderen nur möglich ist, wenn man sich immer wieder von Gott beschenken lässt.

Alles – was wir denken und tun – kommt aus dem Herzen; „… denn von ihm geht das Leben aus“ (Spr 4,23 – Schlachter 2000). Deshalb muss unser Herz durch Gnade befestigt werden (Hebr 13,9). Ungeteilt auf Gott ausgerichtet, unterliegt es nicht den üblichen Stimmungsschwankungen. Es lässt sich nicht von menschlichen Meinungen und Zeitströmungen beeinflussen. Verführungsversuche des Teufels prallen ab. Ein solches Herz will der Vater im Himmel seinen Kindern schenken, wenn sie sich beschenken lassen wollen.

Am meisten aber brauchen wir die Gnade Gottes, um in den Prüfungen des Glaubens nicht unterzugehen. Wenn Schwachheit lähmt, Krankheit quält und der Tod nach uns greift, dann erleben wir unsere ganze Ohnmacht und Hilflosigkeit. Unser Vater im Himmel könnte das ganze Elend mit einem Wort beseitigen. Aber das tut er nicht (immer). Als Paulus dreimal sein Leid klagt, sagt der Herr zu ihm: „Meine Gnade genügt dir, denn meine Kraft wird in Schwachheit vollbracht“ (2Kor 12,9). Wir allerdings wollen lieber stark sein. Wer unter uns heute käme auf die Idee, sich wie Paulus, seiner Schwachheiten zu rühmen? In unserer Zeit gilt Selbstvertrauen als Garant für Erfolg. Doch unser Herr will es anders. Wo er beschenkt, indem er durchhilft und Wunder tut, werden wir klein. Dafür wird deutlich, wie groß er ist und was er kann.

Wie verarmt aber unser Leben als Christen, wenn wir „aus der Gnade fallen“ (Gal. 5,4)! Als wir uns im Licht Gottes erkannten, wurde klar, dass nur der Herr Jesus und seine Gnade retten können. Aber nach diesem Beginn machen wir auf die alte Art weiter. Einerseits wollen wir unsere Bedürftigkeit nicht einsehen, andererseits nehmen wir Geschenke nur an, wenn wir mit Gegengeschenken reagieren können. Unser Stolz wird zum „Gnadenkiller“.

Unser menschliches Miteinander ist meistens ein gegenseitiges Geben und Nehmen. Einer, der nimmt und nie gibt, wird schnell als „Hindernis“ wahrgenommen. Aber in unserer Beziehung zu Gott sind und bleiben wir immer nur Empfangende. Selbst das, was wir geben, haben wir vorher von Gott bekommen. Als man die freiwilligen Gaben für den Bau des Tempels begutachtete, waren alle von der Menge tief beeindruckt. Doch David wusste genau, dass man diese Fülle allein der Gnade Gottes zu verdanken hatte: „Denn wer bin ich, und was ist mein Volk, dass wir vermögen, auf solche Weise freigebig zu sein? Denn von dir kommt alles, und aus deiner Hand haben wir dir gegeben“ (1Chr 29,14).

Dieses Denkmuster ist der Schlüssel zum Erstarken in der Gnade Gottes. Je weniger wir von uns selbst und unseren Möglichkeiten halten, umso mehr kann unser Herr Jesus sich verherrlichen. Wir wollen uns täglich vor Gott demütigen, wie damals, als wir mit der Last unserer Sünden zu ihm kamen und Rettung fanden.

„Er gibt aber größere Gnade; deshalb spricht er: ‚Gott widersteht den Hochmütigen, den Demütigen aber gibt er Gnade.‘“ (Jak 4,6)

 

Kommentare sind geschlossen.