„Seht zu …!“ – Verführung und Angst in der Krise

Wer dieser Tage den Beginn von Matthäus 24 liest, entdeckt unwillkürlich mehr Realitätsbezüge darin als noch vor drei Monaten.

Die Jünger des Herrn Jesus sind fasziniert von der Pracht des Gotteshauses. Ihr Meister hingegen eröffnet ihnen völlig ungerührt, dass dieses Gebäude abgerissen werden würde – so, als ob der Tempel in seiner Zukunftsplanung keine wesentliche Rolle mehr spielen sollte. Und so kam es dann auch: Ein paar Mal traf sich die erste Gemeinde noch im Tempel, aber ihr Wachstum  anschließend verlief hauptsächlich in vielen Privathäusern. – Das kommt uns bekannt vor. Bis vor kurzem noch waren die Gemeindehäuser das Zentrum des Gemeindelebens – zumindest für viele Geschwister. Bis wir sie nicht mehr gemeinsam betreten durften. Bis wir, wie die ersten Christen, ohne unsere „Tempel“ auskommen und uns (per Telefon oder Internet) in den Häusern treffen mussten. Mal schauen, welche Rolle diese beiden Treffpunkte in der Zukunft für uns haben werden …

Als die Jünger dann um nähere Auskunft über das Ende der Zeit bitten, hat Jesus düstere Nachrichten für sie: falsche Christusse, Kriege, bedrohliche Gerüchte, Hungersnöte, Erdbeben … – Schon an diesem Punkt kriecht im Leser fast automatisch das Gefühl hoch, das ihn auch bei vielen Nachrichtensendungen der letzten Wochen beschlichen hat – „Siebzehn Nachrichten zu Corona, und dann das Wetter“, so fasste es kürzlich jemand zusammen. Was darf man im Moment noch mal, und was nicht? Man weiß manchmal nicht mehr, welchen der sich widersprechenden Autoritäten man glauben soll. Und dann verlieren Leute ihren Arbeitsplatz, Eltern rotieren bei geschlossenen Kindergärten und Schulen, Großeltern müssen versorgt, aber dürfen nicht besucht werden … Und in manchen christlichen Kreisen zirkulieren plötzlich Verschwörungstheorien. Andere überzeugte Evangelikale sind auf einmal zum ökumenischen Krisengebet bei deutschlandbetetgemeinsam.de (also im Gebetshaus Augsburg) bereit. Gegen die Sünden-Krise haben wir bisher bei Allianz-Gebetswochen bewusst ohne katholische und orthodoxe Würdenträger gebetet – ist die Corona-Krise soviel katastrophaler, dass wir das ändern sollten?

Wir merken: Unser Denken und unser Fühlen kommen ins Schleudern. Unser Verstand und unser Herz brauchen Stabilisierung in einer Zeit wie dieser. Nicht verwunderlich, dass Jesus genau das am Anfang seiner Rede betont: „Seht zu, dass euch niemand verführe!“ (v.4) und „Seht zu, erschreckt nicht!“ (v.6). Verführung und Angst – wenn Hirn und Herz sich losreißen und irgendwo anders nach Halt und Beruhigung suchen.

Dieses lange Kapitel spricht über eine noch viel dunklere Zeit in der Zukunft, aber es enthält einen Trost, der uns auch jetzt schon gilt. „Dieses Evangelium des Reiches wird gepredigt werden auf dem ganzen Erdkreis“ (v.14) und „Der Himmel und die Erde werden vergehen, meine Worte aber sollen nicht vergehen“ (v.35). Wir haben Gottes Wort, wir haben das Evangelium! Das gibt uns Orientierung in der Verführung. Und das gibt uns Gelassenheit in der Angst.

Allerdings nur, wenn wir da hinein schauen. Wenn wir ihm als Wort Gottes uneingeschränkt vertrauen. Wenn wir uns weigern, es uns aus der Hand argumentieren zu lassen.

Lasst uns alles tun, dass jeder und jede bei uns dieses Wort kennt und sich damit ernähren kann! Dass jeder von uns darin die Stimme des Guten Hirten für sich persönlich hört! Dass unsere Köpfe und Herzen dadurch klar und widerstandsfähig bleiben – auch und gerade in der Krise!

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Wer das Wort Gottes alleine oder mit anderen intensiver studieren und kennenlernen möchte, findet beim Material für Kleingruppen viele hilfreiche Kurse dazu. 

Wer sich fragt, wie er auf neue Schwerpunkte, Zweifel an oder Argumente gegen biblische Aussagen in seiner evangelikalen Umgebung reagieren soll, den könnte als aktuelle Einführung das Buch „Knapp daneben ist auch vorbei“ (2019) interessieren. Hier meine Rezension

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