Mauern und Grenzen in unseren Köpfen

Gründe und Gefahren von Abgrenzung

Wie irritiert war ich, als ich ein Jahr nach meiner Bekehrung Christen kennenlernte, die besonderen Wert auf bestimmte Details im Gemeindeleben legten. Da gab es Brüder, die vom Stückwerk ihrer Erkenntnis so überzeugt waren, dass ihre Liebe zu anderen auf der Strecke blieb. Das ging bis zur Spaltung von Gemeinden wegen zweitrangiger Fragen wie Liedgut, Kleidung, Sitzordnung etc. Woher kommen diese unseligen Trennungen zwischen Christen?

Drei mögliche Gründe sind:

  1. Das Problem der Sünde. Wenn wir uns bekehren, schenkt Gott uns neues Leben in Christus. Aber unser alter Mensch mit seinem sündigen Eigenwillen ist oft noch sehr lebendig. Je mehr wir dem Raum geben, umso mehr Konflikte gibt es in unserem Umfeld. So entstehen Mauern zwischen Christen. Statt gemeinsam am Reich Gottes zu bauen, zerfleischen sich Christen in religiösem Hochmut und frommer Besserwisserei.
  2. Viele Grenzen in unseren Köpfen entstehen aus Angst, etwas falsch zu machen, oder aus dem Willen, etwas Falsches zu vermeiden. Um ja alles richtig zu machen, werden Mauern um Gemeinden gebaut.
  3. In Epheser 6 erklärt Paulus einen weiteren Grund für Mauern zwischen Christen: Wir stehen in einem Kampf mit geistlichen Mächten der Bosheit. Dieser Kampf richtet sich nicht nur gegen einzelne Christen, sondern auch gegen die Einheit der Gemeinde. Wenn wir Christen uneins sind, dann berauben wir uns nicht nur dem Potenzial unserer gemeinsamen Schlagkraft, sondern auch unserer Glaubwürdigkeit. Wer soll eine Botschaft der Liebe Gottes glauben, die von zerstrittenen Christen verkündet wird?

Schritte zur Überwindung von Grenzen

Der Fall der Berliner Mauer zeigt, dass man Mauern niederreißen kann. Genauso kann Gott Mauern in unseren Köpfen abbauen.

  1. Jakobus nennt in Kap. 4 nicht nur Ursachen für Streit und Trennung, sondern zeigt auch einen Ausweg: Demut und Nähe zu Gott. Demut ist die Herzenshaltung, die Sünder zur Einsicht und Umkehr bringt. Sie führt uns auch zurück zu Gott, wenn wir uns von ihm entfernt haben. Und je näher wir zu Gott kommen, umso näher kommen wir auch wieder zueinander. In Gottes Nähe werden harte Herzen weich und können sich versöhnen.
  2. Angst ist ein schlechter Ratgeber. Gottes Antwort darauf ist Liebe. Die Liebe treibt Angst aus (1Jo 4,18). Wo Gottes Geist in uns regiert, wird Angst durch Kraft, Liebe und Besonnenheit ersetzt (2Tim 1,7). Diesen Tausch dürfen wir täglich im Gebet umsetzen. Der Heilige Geist leitet uns in die ganze Wahrheit (Joh 16,13). Er bewirkt auch die Frucht, die wir brauchen, um Einheit zu leben (Gal 5,22).
  3. Paulus zeigt nach der Beschreibung unserer Gegner auch die Ausrüstung, mit der wir im Kampf gegen die geistlichen Mächte der Bosheit bestehen können: die Waffenrüstung Gottes, die wir im Gebet anziehen sollen mitsamt der Fürbitte für alle Heiligen (Eph 6,10-18). Demnach sollen wir mehr für Geschwister beten als über sie zu reden oder zu schreiben.

Schließlich gilt uns allen die Ermahnung, unserer Berufung würdig zu wandeln und uns ernsthaft um die Einheit des Geistes zu bemühen (Eph 4,1-6). Wie viel Mühe verwenden wir für Trennung und wie viel für Einheit unter Geschwistern?

Mauern abbauen in Abhängigkeit von Jesus Christus

Was können wir tun, um Mauern abzubauen, ohne dabei offen für alles Fragwürdige zu sein?

Abgrenzen sollen wir uns vom Bösen (1Thes 5,22), zum Beispiel von Hochmut, Habgier, Völlerei, Unzucht, Gottlosigkeit, Geschwätz, Lüge u. a. Mit unfruchtbaren Werken der Finsternis sollen wir nichts gemein haben, sondern sie vielmehr bloßstellen, indem wir als Kinder des Lichts wandeln (Eph 5,8.11).

Ein Prinzip hilft uns, Mauern abzubauen: in grundlegenden Dingen Einheit zu leben, in zweitrangigen Dingen Freiheit und in allen Dingen Liebe.

Wir sollten mehr über die Grundlagen unseres Lebens in Christus nachdenken. Je inniger jeder von uns in Beziehung mit dem Herrn Jesus lebt, umso sicherer werden wir auch im Erkennen seiner Möglichkeiten für uns und unsere Gemeinden. Petrus gibt uns ein gutes Beispiel (Apg 10). Er war in seiner gewohnten Gebetszeit mit offenem Herz vor Gott. Wie genial führt der Herr ihn dahin, die hohe Mauer seiner religiösen Tradition zu überwinden! Das Evangelium gilt allen Menschen! Am Ende waren alle außer sich vor Staunen über Gottes Wirken und vereint im Geist Gottes.

Wozu leben wir als Christen? Um abgesondert auf die Wiederkunft des Herrn zu warten? In meiner Bibel steht: „Ihr seid das Licht der Welt … So soll euer Licht leuchten vor den Leuten, dass sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen“ (Mt 5,13-16). Dafür will ich offen sein wie Petrus!

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