Liebe zu Gott – Liebe zu den Menschen

Im Jahr 2014 unterhielt ich mich in der Stadt Kamen während eines Mobitreff-Einsatzes mit einer bekennenden Satanistin. Am Ende eines langen Gesprächs brach die 26-jährige plötzlich in Tränen aus und weinte bitterlich. Auf mein erstauntes Nachfragen hin sagte sie mir: „Warum musste ich 26 Jahre meines Lebens darauf warten, dass mir jemand sagt, dass Gott mich liebt!“ Diese Begegnung hat mich noch lange Zeit beschäftigt und mir neu verdeutlicht, wie wichtig es ist, dass die Menschen die Liebe Gottes erkennen.

Liebe ist…

Die „Rabbinische Schule“ kannte zur Zeit des Herrn Jesus 613 Gebote. Sie ließen sich in 365 Verbote und in 248 Vorschriften (Gebote) einteilen. Eines Tages trat ein Vertreter dieser Schule auf den Herrn Jesus zu und stellte ihm die Frage, welches Gebot das größte, bzw. das wichtigste, sei. Das Motiv des Gelehrten war jedoch nicht rein. Wir lesen in den Berichten der Evangelisten, dass er im Auftrag der Pharisäer den Herrn versuchen sollte (Matthäus 22,36ff; Markus 12,28ff und Lukas 10,25ff).

Der reagierte auf diese Provokation mit göttlicher Souveränität. Als Sohn Gottes kannte er die Motive des Fragenden. Dennoch beantwortete er seine Frage. Er zitierte in seiner Antwort zwei Gebote aus dem mosaischen Gesetz. Zum einen: „Du sollst den Herrn, deinen Gott lieben aus deinem ganzen Herzen und aus deiner ganzen Seele und aus deinem ganzen Verstand (Gesinnung, Sinn) und aus deiner ganzen Kraft!“ (5. Mose 6,5) und das zweite: „Du sollst deinen Nächsten lieben wir dich selbst!“ (3. Mose 19,18). In seiner Antwort stellte der Herr Jesus heraus, dass sich alle mosaischen Vorschriften durch diese beiden Gebote zusammenfassen ließen.

Wir dürfen daraus folgern, dass das ganze Alte Testament eine Entwicklung und Entfaltung dieser beiden Punkte darstellt. Keine anderen Gebote sind wichtiger als die Liebe zu Gott und die Liebe zu unseren Mitmenschen (Markus 12,28). Diese Liebe umfasst alle Bereiche der menschlichen Persönlichkeit.

Die Liebe zu Gott definiert sich nicht auf wenige emotionale Augenblicke im Leben, sondern zeigt sich in den Motiven des menschlichen Handelns (Herz), seiner Gefühle (Seele), seiner Anstrengung (Kraft) und seines Verstandes. Die vom Herrn zitierten Bibelstellen fordern auch uns heute heraus. Wir müssen uns fragen, inwieweit auch unsere ganze Persönlichkeit von dieser Liebe zum Herrn und zu unseren Mitmenschen durchdrungen wird. Es gehört zu unserer ersten Verpflichtung als Mensch, Gott mit der Gesamtheit unseres Wesens zu lieben. Oftmals bekennen wir unsere Liebe zum Herrn in unseren Gebeten und vielfach in Liedern. Wie viele Liedtexte sprechen von diesem Liebesbekenntnis! Auch David beginnt seinen 18. Psalm auf diese Weise: „Ich liebe den Herrn, meine Stärke!“ (Psalm 18,2). Jedoch müssen wir uns als Christen hinterfragen lassen, wie sich die Liebe zu unserem Herrn und zu unseren Mitmenschen im Alltag erweist. Beschränkt sich die Liebe zum Herrn auf ein Lippenbekenntnis oder erweist sie sich in „Tat und Wahrheit“?

Von den neutestamentlichen Briefen belehrt uns in dieser Frage insbesondere der erste Johannesbrief. Im dritten und vierten Kapitel begegnen wir dem Wort „Liebe“ über 40 Mal in verschiedener Gestalt. Die Verse sprechen von der göttlichen Liebe, vom Geliebtsein und von der Schuldigkeit, andere zu lieben. Eine solche Dichte, eine solche Anhäufung zum Thema Liebe, ist in der Bibel wohl einzigartig. In den Aussagen dieses Briefes lernen wir verschiedene Stufen der Liebe kennen, die es gilt, zu verstehen und auch zu „besteigen“.

Stufe 1: Gott ist Liebe

Das Fundament dieser „Treppe“ bildet Gott selbst. Er verkörpert die Liebe (1. Johannes 4,8: „Gott ist Liebe“), sie gehört zu seinem Wesen. Die göttliche Liebe in ihrer Auswirkung wird uns insbesondere im 1. Korintherbrief beschrieben (Kap. 13). Zudem ist Gott auch die Quelle der Liebe (1. Johannes 4,7: „Die Liebe ist aus Gott“). Es gibt keine wahre Liebe, die nicht ihren Ursprung in Gott selbst hätte. Die Liebe entspringt seinem Wesen und zeigt sich stets in seinem Handeln.

Stufe 2: Gott liebt den Menschen

Gott liebt den Menschen (1. Johannes 4,10: „Nicht, dass wir Gott geliebt haben, sondern dass er uns geliebt und seinen Sohn gesandt hat als eine Sühnung für unsere Sünden“). Dabei ist seine Liebe uns Menschen gegenüber bedingungslos. Er liebte uns, als wir noch Sünder bzw. seine Feinde waren (Römer 5). In der heutigen Zeit stellen uns viele Mitmenschen die Frage nach einem liebenden Gott. Sie beschäftigen sich mit den Katastrophen dieser Welt und zweifeln an der Echtheit göttlicher Liebe. Ihnen dürfen wir zurufen, dass Gott den Beweis seiner Liebe schon längst erbrachte. Sie zeigte sich in dem Dahingeben seines Sohnes, der für die Sünden der Welt am Kreuz starb. Die Größe dieser Liebe werden wir nicht erfassen können. Sie übersteigt unsere Vorstellungskraft. Paulus spricht im Brief an die Epheser von der „die Erkenntnis übersteigenden Liebe des Christus“ (Epheser 3,19). Der sichtbare Beweis der Liebe Gottes wurde vor 2000 Jahren erbracht.

Stufe 3: Der Mensch erkennt die Liebe Gottes und glaubt

Nun gilt es, von dieser Liebe zeugnishaft zu erzählen. Wir dürfen sie durch unsere Worte und durch unser Verhalten widerspiegeln. Der Herr Jesus sagte einst seinen Jüngern, dass sie als seine Nachfolger an dieser Liebe erkannt werden sollen (Johannes 13,36). Auch wir hörten einst die gute Botschaft des Evangeliums und bekehrten uns (1. Johannes 4,16: „Und wir haben erkannt und die geglaubt die Liebe, die Gott zu uns hat“). Seit diesem Zeitpunkt sind wir nicht nur Kinder Gottes, sondern dürfen uns auch „Geliebte“ Gottes (1. Johannes 3,2+21) nennen.

Stufe 4: Mit seiner Bekehrung ist der Mensch befähigt, zu lieben

Bei unserer Bekehrung haben wir eine göttliche Wiedergeburt erlebt. Wir wurden Teilhaber der göttlichen Natur. Durch den Empfang des Heiligen Geistes wurden wir befähigt, im Sinne Gottes zu lieben. Paulus belehrt uns dazu im Römerbrief, dass die „Liebe Gottes ausgegossen ist in unsere Herzen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben worden ist“ (Römer 5,5). Vor diesem Hintergrund werden wir aufgefordert, einander zu lieben (1. Johannes 3,23: „Und dies ist sein Gebot, dass wir an den Namen seines Sohnes Jesus Christus glauben und einander lieben!“). Wir haben nun im zwischenmenschlichen Bereich keine Entschuldigung mehr. Gott lässt keine Ausrede zu. Wir besitzen alle Voraussetzungen, ihn und unsere Mitmenschen zu lieben. Vor diesem Hintergrund führt er uns auch unsere Verantwortung vor Augen (1. Johannes 4,11: „Wir sind schuldig, einander zu lieben!“). Dabei sollten wir es nicht als einen Zwang empfinden, das erste und zweite Gebot auszuleben. Wir benötigen auch kein Training, keine besondere Fortbildung. Es entspricht vielmehr der natürlichen Haltung eines geistlichen Menschen im Herrn. Wir tragen Gottes Wesen in uns und Gott ist Liebe. Gott zu lieben entspricht daher nun unserer neuen Natur (1. Johannes 4,19: „Wir lieben, weil er uns zuerst geliebt hat!“). Zudem wird sie in uns durch einen gelebten Gehorsam sichtbar (1. Johannes 5,3: „Denn dies ist die Liebe Gottes, dass wir seine Gebote halten, und seine Gebote sind nicht schwer“). Wenn wir im Herrn wandeln und seinen Geist in uns wirken lassen, wird auch die Frucht des Geistes (Galater 5,22: erste „Teilfrucht“: Liebe!) in unserem Leben sichtbar werden.

„Wer nicht liebt, hat Gott nicht erkannt“ (1. Johannes 4,8). Zum Kennzeichen eines wahren Gläubigen gehört die praktizierte Bruderliebe. In aller Deutlichkeit erinnert uns der 1. Johannesbrief an diese Wahrheit: „Wenn jemand sagt: Ich liebe Gott und hasst seinen Bruder, so ist er ein Lügner. Denn wer seinen Bruder nicht liebt, den er gesehen hat, wie kann er Gott lieben, den er nicht gesehen hat?“ (1. Johannes 4,20) Für einen Gläubigen im Herrn ist es unmöglich, nicht zu lieben. Wenn sich nun doch ein Mensch zur Unfähigkeit bekennen sollte, gäbe es in der geistlichen Beurteilung lediglich zwei Möglichkeiten: entweder ist er kein Kind Gottes (im Umkehrschluss: 1. Johannes 4,7: „Jeder, der liebt, ist aus Gott geboren“) oder er hat sich in seinem Leben so weit vom Herrn entfernt, dass der Geist Gottes für diese Zeit unwirksam wurde (1. Thessalonicher 5,19). Er befindet sich in einem fleischlichen Zustand und die Sünde regiert in seinem Leben. Die Liebe zu Gott ist kein Lippenbekenntnis, sondern erweist sich in „Tat und Wahrheit“ (1. Johannes 3,18).

Wie aber wachse ich in der Liebe?

Die Fähigkeit, Gott und die Menschen zu lieben, ist zweifelsfrei mit der Wirksamkeit des Heiligen Geistes verbunden. Wenn wir in der Abhängigkeit vom Herrn leben, uns in seiner Gegenwart aufhalten und uns der Sünde für tot halten, werden wir im Geist leben und lieben können. Johannes, der Täufer, hatte einst einen Wunsch für sein Leben formuliert: „Er muss wachsen, ich aber abnehmen“ (Johannes 3,30). Es gilt für uns, das eigene „Ich“ täglich zu kreuzigen. Auf diese Weise gebe ich die Herrschaft über mein Leben dem Herrn, der durch seinen Geist in mir wirkt. Möglicherweise muss ich vorher mit einzelnen Sünden brechen, die mich noch immer gefesselt und gefangen halten. Je mehr der Geist in meinem Leben wirkt, umso stärker wird sich auch die Liebe zu Gott und den Menschen zeigen. Als Ergebnis werde ich u.a. meine ungläubigen Mitmenschen mit Gottes Augen sehen. Ihre Verlorenheit wird mich nicht mehr loslassen. Vielmehr treibt sie mich an, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, ihnen die gute Nachricht, die frohmachende Botschaft vom Herrn Jesus und seiner Liebe, zu erzählen.

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