Ist die Reformation vorbei?

Am Reformationstag 1999 wurde in Augsburg von Vertretern der Katholischen Kirche und des Lutherischen Weltbundes die „Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre“ unterzeichnet. Diese Erklärung formuliert einen Konsens über Grundwahrheiten der Rechtfertigungslehre – jener Lehre, die fast 500 Jahre vorher mit der Reformation zur Spaltung der Kirche geführt hatte. „Der Auslöser der Reformation und die Trennung der Christenheit sind damit also aufgehoben!“, denken seitdem viele Christen.

„Ist die Reformation heute noch relevant? Gibt es 500 Jahre nach der Reformation nennenswerte Unterschiede zwischen der römisch-katholischen Auffassung und dem Verständnis des Evangelium, wie es die Reformation hervorbrachte, über die es sich lohnt, einen kritischen und respektvollen Dialog zu führen?“, formuliert es der italienische Theologe und Dozent Leonardo de Chirico und beantwortet diese Frage mit einem deutlichen: „Ja!“

In zwei Livestream-Veranstaltungen am 25. und 26. September 2020 in München sprach er zum Thema: „Ist die Reformation vorbei?“

Teil 1 richtet sich vor allem an Katholiken, die das Evangelium, wie es die Bibel lehrt, (noch) nicht kennen. Der Schwerpunkt des Vortrags liegt auf drei Kernpunkten reformatorischer Überzeugungen, die letztlich zur Spaltung führten: Die Frage nach der Autorität und dem Fundament der Lehre des christlichen Glaubens; die Frage nach dem bzw. den Mittler(n) des Glaubens und die Frage nach der Rolle der göttlichen Gnade.

Diese Kernpunkte werden aus reformatorischer und katholischer Sicht erläutert. Durch verschiedene offizielle Veröffentlichungen der katholischen Kirche (auch in der jüngeren Vergangenheit) wird sehr deutlich, dass über der Frage, wie ein Mensch gerecht werden kann vor Gott, immer noch grundlegende Differenzen bestehen.

Der Vortrag endet mit einer klaren Darstellung des biblischen Evangeliums und einer Einladung, die allein seligmachende Gnade Gottes im Glauben anzunehmen.

 

 

Teil 2 richtet sich vorwiegend an evangelikale Gläubige, denen die Einheit der Christenheit ein Anliegen ist. Der Redner führt aus, inwiefern die katholische Lehre von der Gnade eine andere Bedeutung hat als es evangelisch geprägten Christen auf den ersten Blick scheint. In ethischen, sozialen und politischen Fragen kann es durchaus große Übereinstimmungen und Möglichkeiten zur Zusammenarbeit geben, in theologischen Fragen ist aber weiterhin „respektvoller Diskurs“ nötig.

Abschließend ermutigt de Chirico, sich die Wahrheiten des Evangeliums und die Grundprinzipien der Reformation immer wieder neu bewusst zu machen, denn: „… wir sind immer wieder in Gefahr, die Autorität der Bibel de facto herabzusetzen … wir sind immer wieder in Gefahr, die Bedeutung des Evangeliums zu verwässern.“

 

Kommentare sind geschlossen.