Infos zum Text: Das Lied der Lieder / Hohelied

Was ist das überhaupt für ein Text?

Das Hohelied ist vielleicht das alttestamentliche Buch, das die am weitesten auseinander liegenden Deutungen erfahren hat. Die Differenzen liegen nicht auf der Ebene der Detailauslegung, sondern im prinzipiellen Verständnis des Textes. Natürlich geht es um einen Mann und eine Frau, die sich lieben. Aber den meisten Auslegern erschien dieser „einfache“ literarische Sinn nicht die eigentliche Absicht zu sein, sodass man hinter dem Text tieferliegende Wahrheiten suchte. So ist eine häufige jüdische Auslegung, in der Braut das jüdische Volk und im Bräutigam Gott zu sehen. Dieser „Auslegungstyp“ in seiner christlichem Ausprägung deutet die Braut als Gemeinde, den Bräutigam auf Christus, und die gurrenden Tauben sind die predigenden Apostel. In beiden Fällen, also der jüdischen und der christlichen Variante, handelt es sich um eine allegorische Auslegung.

Andere verstehen das Buch als eine zusammenhanglose Sammlung syrischer Hochzeitslieder, andere sehen zwar einen Text, der irgendwie mit Liebe und Ehe zu tun hat, verstehen das ganze Buch aber als Drama in verschiedenen Akten.

Man kann auch folgendermaßen an den Text herangehen: Das, was geschrieben steht, also der auf der Oberfläche liegende literarische Sinn, ist genau das, was das Buch sagen und lehren will. Es ist also ein Buch, in dem es um die Liebe von einem Mann zu seiner Frau und umgekehrt geht. Es geht sozusagen um Liebes- und Eheberatung.

Salomo als Verfasser des Buches

Wenn es ein Buch über Liebe und Ehe ist, dann kann man zu Recht die Frage stellen, ob Salomo der richtige Verfasser ist. Das Buch rühmt die Treue zu einem Menschen, während Salomo wirklich nicht der Typus des treuen, monogamen Ehemannes ist. Wahrscheinlich ist, dass Sulamit Salomo für eine gewisse Zeit aus seinen polygamen Beziehungen herausgeholt hat. Manche meinen auch, dass Sulamit gar keine echte Person ist, sondern nur eine literarische Figur, aber das ist eher unwahrscheinlich.

Diesen Vers sollte man kennen:

„Ich beschwöre euch, Töchter Jerusalems, bei den Gazellen oder bei den Hirschkühen des Feldes: Weckt nicht, stört nicht auf die Liebe, bevor es ihr selber gefällt!“ (Hohelied 2,7)

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