Gottes Heiligkeit und Liebe – wie passt das zusammen?

Gott ist heilig. Das bedeutet, dass er eine unendliche Abneigung gegen Böses, Übel und alles, was falsch ist, hat. Er hasst Rebellion, Unglauben, Unmoral; kurz gesagt, er hasst alle Formen von Sünde. Die Bibel sagt uns, dass Gott die Sünde hasst, dass er weder sündigen, noch andere zur Sünde verleiten kann. Gott ist so rein, dass er Sünde in keiner Form in seiner Gegenwart ertragen oder gar sehen kann. Habakuk bringt es auf den Punkt, wenn er über ihn sagt: „Du hast zu reine Augen, um Böses mitansehen zu können“ (Hab 1,13). Eines Tages wird er die Sünde für immer vernichten.

Das führt zu einer wichtigen Schlussfolgerung: Heiligkeit und Sünde können nicht nebeneinander existieren. Gott ist unbefleckt von Sünde und er verachtet die Sünde. Jede Sünde ist ein Verbrechen gegen Gott und seine Heiligkeit.

Gott ist aber auch Liebe. Er ist reich an Mitgefühl und Barmherzigkeit für Sünder. Zum Wesen Gottes gehört es, gnädig zu sein, zu vergeben und zu ertragen. Wie ein Vater Mitgefühl mit seinen Kindern hat, so hat der Herr Mitgefühl mit denen, die ihn fürchten: „Barmherzig und gnädig ist der HERR, langsam zum Zorn und groß an Gnade. […] Wie sich ein Vater über Kinder erbarmt, so erbarmt sich der HERR über die, die ihn fürchten“ (Ps 103,8.13).

Und Gott offenbarte sich dem Mose so: „Der HERR ging vor seinem Angesicht vorüber und rief: Jahwe, Jahwe, Gott, barmherzig und gnädig, langsam zum Zorn und reich an Gnade und Treue, der Gnade bewahrt an Tausenden von Generationen, der Schuld, Vergehen und Sünde vergibt, aber keineswegs ungestraft lässt den Schuldigen“ (2Mo 34,6-7). Hier haben wir wahrscheinlich den Höhepunkt der Selbstoffenbarung Gottes an Mose: Er ist reich an Barmherzigkeit für Tausende, vergibt Sünde, Übertretung und Missetat, wird aber auf keinen Fall den Schuldigen ungestraft lassen!

Wie kann Gott beides gleichzeitig sein? Wie kann er gleichzeitig Sünden vergeben und dennoch die Schuld bestrafen? Will er seine Heiligkeit mit seiner Liebe übertreffen? Oder stellt er seine Liebe hintenan, um seine Heiligkeit zu befriedigen? – Gott ist nicht wie ein Mensch, der Widersprüche und Unstimmigkeiten in sich trägt. Gott kann sein eigenes Wesen nicht verleugnen. Gott ist Einer und er ist nicht nur makellos, er ist die Makellosigkeit in Person! Er wird immer heilig sein und er wird immer lieben.

Wenn der Mensch Barmherzigkeit von Gott empfangen soll, muss es eine Barmherzigkeit sein, die gleichzeitig die Forderungen der Heiligkeit Gottes befriedigt bzw. erfüllt. Gott kann den Schuldigen auf keinen Fall für schuldlos erklären. Gottes Liebe ist eine heilige Liebe. Ja, man kann sagen, dass seine Heiligkeit selbst Liebe ist!

Das Kreuz Jesu ist Gottes Antwort auf das scheinbare Dilemma. Wie kann ein Heiliger Gott unheilige Sünder retten? Wie kann Gott Sünde hassen und doch Sünder retten? Oder wie kann Gott sündige Rebellen in seinen heiligen Himmel aufnehmen? Wie kann der Heilige sowohl „Richter als auch der Rechtfertiger“ des sündigen Menschen sein?

Im Kreuz Jesu werden diese Fragen beantwortet. Gott hat den Schuldigen nicht für schuldlos erklärt, sondern seinen ganzen Zorn über alle Sünden und Missetaten zur Anwendung gebracht. Dieser Mann, der zwischen Himmel und Erde hängt, der von Gott und Menschen verlassen ist, der die (Dornen-) Krone des Fluchs im Garten Eden trägt, der allein, hilflos und gedemütigt ist, zeigt, dass Gott heilig ist und die Sünde absolut hasst.

Der gekreuzigte Jesus Christus zitierte dort am Kreuz hängend aus dem Psalm 22: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“, doch die Antwort folgt gleich danach: „Du bist heilig.“ Weil Gott heilig ist, wurde der Herr Jesus, unser Stellvertreter, von Gott verlassen: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen? Fern von meiner Rettung sind die Worte meines Gestöhns. Mein Gott, ich rufe bei Tage, und du antwortest nicht; und bei Nacht, und mir wird keine Ruhe. Doch du bist heilig, der du wohnst unter den Lobgesängen Israels“ (Ps 22,2-4).

Das Kreuz demonstriert die Gerechtigkeit Gottes, der die Sünde von Anfang an vergeben hatte. Anfangend bei Adam und Eva war Gottes Vergebung der Sünden vorausschauend an den Lohn (Preis) geknüpft, den der Herr Jesus entrichten würde. „Der Lohn der Sünde ist der Tod!“ (Röm 6,23). Der Preis musste bezahlt werden: „Die Seele, die sündigt, soll sterben!“ (Hes 18,20). Tod heißt in diesem Fall mehr als nur Friedhof. Tod heißt Trennung von der Quelle des Lebens. Und der Herr Jesus wurde am Kreuz von dem heiligen Gott getrennt! „Er wurde abgeschnitten vom Lande der Lebendigen. Wegen des Vergehens seines Volkes hat ihn Strafe getroffen“ (Jes 53,8). Der Herr Jesus kannte keine Sünde und wurde für uns zur Sünde gemacht, so lautet das Evangelium. Und er erfüllte damit die Anforderungen der Gerechtigkeit Gottes und stillte den Zorn Gottes gegen uns, wegen der verletzten Heiligkeit Gottes. Gott hat die Schuldigen auf keinen Fall für schuldlos gehalten, sondern er hat sie gerichtet in der Person unseres Stellvertreters Jesus Christus.

Das Kreuz offenbart uns aber nicht nur die vollkommene Heiligkeit Gottes, sondern auch seine unergründliche Liebe. Wie sehr Gott uns doch liebt! Als wir noch seine Feinde, Sünder, Rebellen und Verräter waren, sandte der Vater seinen Sohn, um der Retter der Welt zu sein! Das ist keine bloße humanistische Liebe. Das ist eine tiefe, heilige Liebe. Eine Liebe, die alles Gute und Wahre aufrecht erhält, eine Liebe, die alles kostet. Eine Liebe, die alles gibt und sogar für uns alle stirbt. Es ist die heilige und unergründliche Liebe Gottes, die alle Forderungen Gottes gegen uns befriedigt.

Wie es der Psalmist vorausgesagt hatte, haben sich Gottes Barmherzigkeit (Liebe) und Gottes Wahrheit (Heiligkeit) am Kreuz getroffen:

„Gnade und Wahrheit sind sich begegnet, Gerechtigkeit und Frieden haben sich geküsst“
(Ps 85,11).

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