Gleichnisse im Dienst und Auftrag der Gemeinde heute

Der Herr Jesus war ein Meister der „Bildrede“, d. h. er konnte hervorragend in Gleichnissen und Bildern reden … wie kein anderer! An seine Fähigkeiten kommen wir nicht heran, und trotzdem können und sollen wir uns ja an seinem Vorbild orientieren und auch in dieser „Storytelling“-Zeit die Bildrede in der Gemeinde anwenden.

So weit, so gut. Oder doch nicht so gut? Viele kreative Bilder und spannende Gleichnisse, die heute erzählt werden, drängen sich an die Stelle des lebendigen Wortes Gottes. Das gilt auch für allgemein bekannte und anerkannte „Gleichnisse“ wie z. B. die „Pilgerreise“ von John Bunyan oder „Narnia“ von C. S. Lewis. Einzelaspekte passen gut zur biblischen Botschaft, aber es ist ja nicht das Evangelium, nicht Gottes Wort. Egal? Wohl nicht, denn …

  • So kann es passieren, dass wir die Gedanken der Hörer in eine Richtung führen, die von der eigentlichen Wahrheit ablenkt.
  • Oder wir verwirren einfach nur, anstatt zu helfen.
  • Tragisch ist auch, wenn unsere Hörer nachher noch unser Gleichnis wiedergeben können, aber keine Ahnung haben, was wir eigentlich damit sagen wollten.

Aber ist Letzteres nicht bei unserem Herrn Jesus auch so gewesen? Richtig. Er hat ausdrücklich bewusst in Gleichnissen geredet, damit seine Hörer ihn NICHT verstehen. So sagt er z. B. nach dem berühmten Gleichnis vom Sämann in Lukas 8 zu seinen Jüngern: „Euch ist es gegeben, die Geheimnisse des Reiches Gottes zu wissen, den Übrigen aber in Gleichnissen, damit sie sehend nicht sehen und hörend nicht verstehen“ (Lk 8,10). Nach dem Gleichnis vom Senfkorn lesen wir dagegen bei Markus die Erklärung: „Und in vielen solchen Gleichnissen redete er zu ihnen das Wort, wie sie es zu hören vermochten“ (Mk 4,33).

Da es unser Auftrag ist, das Wort Gottes verständlich zu machen, sollte unser Anliegen in der Regel sein, mit unseren Bildern und Vergleichen 1. eine geistliche Wahrheit zu verdeutlichen und 2. unsere Hörer zu erreichen.

Deshalb müssen wir uns dabei selbstkritisch hinterfragen, ob wir das überhaupt können, denn nicht jedem liegt es,
in Gleichnissen und Bildern zu reden. Und auf der anderen Seite versteht nicht jeder, was mit den Gleichnissen und  Bildern gesagt werden soll. Mit anderen Worten: Nicht immer ist es für uns angebracht, in Gleichnissen zu reden. Das hängt von uns selbst ab und von unserer Hörerschaft.
Aber wenn wir es tun, dann sollten unsere Vergleiche auch passen und treffen und die Hörer zu Gottes Wort hinführen.

Es ist also hilfreich und wichtig, sich im Vorhinein einige Fragen zu stellen:

  • Kann ich selbst in Bildern und Vergleichen denken?
  • Kann ich aus biblischen Wahrheiten den Kern herausarbeiten?
  • Kann ich diesen Kern mit angemessenen Bildern verdeutlichen?
  • Sind diese Bilder für meine Hörer verständlich?
  • Können meine Hörer das Bild auch z. B. nach einer Woche noch in Verbindung mit der geistlichen Wahrheit bringen, um die es eigentlich geht?

Wir sollten vorsichtig sein, mit unserer Darbietung einfach nur unterhalten zu wollen. Das Ziel ist nicht, Geschichten zu erzählen. Was leicht verständlich ist, brauchen wir auch nicht in ein Gleichnis zu packen. Es geht vielmehr darum, durch ein Gleichnis eine eher schwierige biblische Wahrheit zu verdeutlichen und merkbar zu machen. J. D. Pentecost schreibt:

„Indem Gedanken aus einem vertrauten Gebiet in ein unbekanntes Terrain übertragen werden, lernt man Wahrheit im Unbekannten durch das, was einem im Bekannten bereits vertraut ist.“ (*)

Das setzt allerdings einige Dinge voraus: Wir sollten sowohl die geistliche Wahrheit selbst gut verstanden haben, als uns auch in dem Bereich, aus dem wir unser Gleichnis holen, gut genug auskennen. Und natürlich müssen auch die Hörer etwas mit der Sachhälfte des Bildes anfangen können. Vor einer eher unsportlichen Hörerschaft ist es wahrscheinlich unpassend, ein Gleichnis aus der Welt des Sports zu bringen, selbst wenn man als Redner ein begeisterter Sportler ist. Genauso unpassend wird es wohl sein, vor einer landwirtschaftlichen Hörerschaft ein Beispiel aus der Landwirtschaft zu bringen, wenn man sich selbst damit nicht auskennt.

Gleichnisse zu bringen ist also eine verantwortungsvolle Aufgabe. Wenn wir ihnen den angemessenen Stellenwert geben wollen, dann sollten wir darum sparsam damit umgehen, sie dann aber bewusst und gezielt einsetzen.

Wenn wir als Redner die geistliche Wahrheit gut erkannt und verstanden haben, dann werden wir selbst höchstwahrscheinlich durch das Erarbeiten und Weitergeben von Gleichnissen bereichert werden. Gleichzeitig werden wir unsere Hörer gesund und treffend prägen können und erreichen, dass Gott durch seinen Geist die geistlichen Wahrheiten in ihren Herzen weiter arbeiten und angemessen zur Anwendung kommen lässt. So finden Gleichnisse im Dienst und Auftrag der Gemeinde heute ihren angemessenen Platz.

Fußnote:

(*) aus: J. Dwight Pentecost, Die Gleichnisse Jesu verstehen. Fragen, Lösungen und Hintergrundinformationen. (Dillenburg: CV, 2011, S. 10)

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