Gemeinde nach Corona

Corona hat die christlichen Gemeinden in fast allen Bereichen stark beeinflusst. Nie in der Geschichte der Gemeinde hat es in so kurzer Zeit so viele Veränderungen gegeben. Wenn aber – hoffentlich bald – Corona vorüber sein wird, stehen die Gemeinden vor vielen Fragen: Was bleibt und hat sich bewährt? Wo werden wir wieder zu alter Gemeindepraxis zurückkehren? Wie gehen wir mit den verschiedenen Erwartungen in der Gemeinde um? Vor eineinhalb Jahren hat Corona uns alle unvorbereitet getroffen. Das sollte uns nicht passieren, wenn Corona vorbei ist!

1. Was hat sich geändert?

Wenn wir in unserer Gemeinde neuen Geschwistern erklären, wie wir Gemeinde nach dem Neuen Testament verstehen, dann verwenden wir das Wort GNADE. Dabei steht jeder Buchstabe für ein Merkmal von Gemeinde:

Gemeinschaft – liebevolles Miteinander als Geschwister
Nachfolge – lernen aus Gottes Wort, wachsen im Glauben
Anbetung – im Zentrum steht: Gott anbeten
Dienst – gemeinsam aneinander und in der Welt dienen
Evangelisation – Menschen für Jesus gewinnen

Corona hat alle diese Bereiche von Gemeinde betroffen. Präsenzgottesdienste sind ausgefallen oder können nur mit stark beschränkter Teilnehmerzahl stattfinden. Gleiches gilt für Senioren-, Frauen-, Jugend-, Teenkreise, Gemeindefreizeiten u. v. m. Kinder sind mit am stärksten betroffen durch den Wegfall der Kinderstunden und Sonntagsschule. Der Gottesdienstablauf hat sich stark verändert. Durch die Online-Übertragung finden sich mehr moderierte Elemente, es gibt mehr geplante Abläufe, andere Gottesdienstzeiten, andere Musikgestaltung (mehr Vortrag), bis hin zu ganz praktischen Veränderungen wie die Verwendung kleiner Kelche. Viele Dienste im sozialen Bereich mussten eingeschränkt werden wegen Besuchsverboten. Evangelistische Veranstaltungen wie Büchertische, Buseinsätze, Frauenfrühstücke usw. wurden abgesagt. Auf der anderen Seite sind aber auch neue digitale Formate entstanden wie Online-Glaubenskurse, -Kinderstunden, -Bibel- und -Missionsvorträge, online übertragene evangelistische Gottesdienste z. B. an Ostern oder Weihnachten. Oder auch viele kreative Ideen wie etwa Online-Adventskalender. Und mit den vielen digitalen Möglichkeiten ist ein ganzer neuer Dienstbereich der IT-Technik entstanden, in dem sich viele Geschwister vorbildlich mit ihren Gaben einbringen.

2. Was behalten wir / was machen wir wie früher?

Dieser Beitrag kann und möchte keine Empfehlungen für einzelne Themen geben. Denn bei fast allen Punkten geht es nicht um richtig oder falsch, biblisch oder unbiblisch, sondern um die praktische Umsetzung im Gemeindeleben. Und das muss jede Gemeinde für sich beantworten. Dass dies nicht einfach ist, zeigt sich schon daran, dass sich leider die meisten Streitereien in Gemeinden nicht an biblischen oder theologischen Fragen entzünden, sondern an praktischen Fragen wie Gottesdienstgestaltung, Musik usw. Wir sollten uns auch klarmachen, dass es bei fast allen Veränderungen Vor- und Nachteile gibt und dass persönliche Neigungen und Frömmigkeitsstile in der Bewertung eine große Rolle spielen.

Ich möchte das einmal am Beispiel der Frage moderierter Gottesdienste erläutern: Ist ein mehr geplanter oder moderierter Gottesdienstablauf falsch oder unbiblisch? Sicher nicht! Es ist eine Form der Umsetzung des biblischen Auftrags, als Gemeinde zusammenzukommen und Gott gemeinsam zu loben und ihn anzubeten. Vorteile sind, dass es eher einen roten Faden im Ablauf gibt oder dass Brüder vorab angesprochen werden können, sich zu beteiligen, die sonst den Mund nicht aufmachen würden. Auf der anderen Seite gibt es weniger Raum für spontane Beiträge, und Abläufe werden schnell schematisch; nicht beteiligte Brüder lehnen sich vielleicht mehr zurück.

Bei einer Gemeindeversammlung in unserer Gemeinde haben sich viele positiv zu den mehr moderierten Gottesdiensten geäußert, viele sich aber auch die ungeplanten und spontanen Abläufe zurückgewünscht. Und wie gehen wir nun damit um?

Eine Möglichkeit könnte sein, in Zukunft zwischen moderierten und ungeplanten Formaten zu wechseln oder in einem Gottesdienst einen moderierten und einen freien Teil zu haben.

3. Hinweise zum Umgang

Hier nun noch ein paar praktische Hinweise zum Umgang miteinander in diesen Fragen:

Paulus gibt den Thessalonichern einen weisen Rat: „Prüft aber alles. Das Gute haltet fest“ (1Thes 5,21). Deshalb:

  • Macht euch klar, dass es nicht um richtig oder falsch, oder biblisch oder unbiblisch geht! Es geht um die praktische Gestaltung, und es gibt meistens Vor- und Nachteile bei allen Veränderungen.
  • Sucht nach ausgewogenen, gangbaren Wegen für eure Gemeinde! Es gibt meistens nicht nur schwarz oder weiß! Sucht Kompromisse, die den berechtigten Anliegen der Geschwister gerecht werden.
  • Kommuniziert viel! Die Einbindung der Geschwister schafft Verständnis für Veränderungen und erhöht die Akzeptanz.
  • Bleibt veränderungsbereit und in Abhängigkeit vom HERRN! Richtet euren Blick auch auf die Chancen aus den durch Corona entstandenen Veränderungen.
  • Haltet Frieden! Begegnet einander mit Respekt, Verständnis und gegenseitiger Achtung. (Eph 4,3.32; Phil 2,3)

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