Erfahrungen aus 20 Monaten Flüchtlingsarbeit

Wir sind eine kleine Gemeinde in Emmerzhausen im Westerwald. Sehr dörflich geprägt, in einem kleinen Tal und nicht in Erwartung großer Flüchtlingsströme.

Plötzlich waren sie da! Wir wurden informiert, dass der Truppenübungsplatz oberhalb unseres Dorfes zum Durchgangslager für Flüchtlinge umfunktioniert wird. Mit Ortsgemeinde und Vereinen engagierten sich einige Geschwister ehrenamtlich im Lager, von Kleiderkammer über Fahrradladen bis zur Muckibude. Es entstanden erste persönliche Kontakte.

Und dann wurde es persönlich

Wir saßen Sonntagsmorgens kurz vor halb zehn in der Gemeinde und warteten, dass die Anbetungsstunde anfing. Auf einmal ging die Tür auf und unser Bruder Reiner von der FeG stand mit dem Flüchtlingsbus vor der Tür und fragte: „Es sind so viele, wie viele könnt ihr nehmen?“ Und dann ging es einfach los! Völlig unvorbereitet! Ab diesem Sonntag hatten wir dann immer 20, manchmal 30 Flüchtlinge aus dem Iran und Afghanistan da. Es begann eine sehr spontane Zeit, die uns herausforderte und manchmal an unsere Grenzen und zu Spannungen führte. Wir übersetzten in den Stunden von Deutsch auf Englisch und dann auf Farsi (Persisch).

Ganz persönlich

Die Stunde war zu Ende und wir standen da und blickten in erwartungsvolle Flüchtlingsaugen. Zum Glück hatten wir einige spontane Schwestern, die zu sich nach Hause einluden. Für Asylanten, die im Lager leben, ist es ein ganz besonderes Erlebnis bei Deutschen zu Hause eingeladen zu sein. Bei einigen führte es dazu, dass sie von Kontaktsuchenden zu Glaubensinteressierten wurden, und einige haben schließlich zum Herrn gefunden.

Auf und Ab

Wir haben sehr viel Freude und sehr viel Enttäuschung erlebt. Wir haben Geschwister, die sich bis an die Belastungsgrenze engagierten und andere, die sich selbst an der Übersetzung für die Flüchtlinge störten und nicht neben ihnen sitzen wollten. Wir hatten keine Ahnung von der Kultur und mussten mühsam lernen, was eine Kultur bedeutet, in der man lieber lügt als das Gesicht zu verlieren. Es gab junge Männer, die regelmäßig zum Bibelstudium kamen und „sehr christlich“ waren, die aber, nachdem sie in Deutschland Fuß gefasst hatten, den Kontakt zu uns abbrachen und manche von ihnen sehen wir nun in der „Kifferszene“ wieder. Andere bekennen sich zu ihrem Muslimsein. Wieder andere haben sich für Jesus entschieden, aber wir wissen nicht, ob sie wirklich Christen sind. Zu anderen hatten wir ein sehr herzliches Verhältnis, aber sie wurden an andere Orte verlegt und wir nahmen manchmal mit Tränen Abschied.

Was bleibt, weshalb es sich lohnt

„Und anderes fiel in die gute Erde und gab Frucht, indem es aufsprosste und wuchs; und es trug eines dreißig-, eines sechzig- und eines hundertfach.“ (Markus 4,8)

Wir haben viel gesät, ohne zu wissen, was daraus wird. Aber bei einigen durften wir miterleben, wie sie den Herrn fanden, wie sich ihr Leben verändert hat und sie glücklich wurden.

Ein Beispiel

Als Beispiel möchte ich Omid nennen, der mit seiner Frau und seinem kleinen Sohn aus dem Iran geflohen ist. Er war im Iran vom Islam enttäuscht und bekam durch seinen Freund Kontakt mit einer Untergrundgemeinde. Dort fand er zum ersten Mal Liebe, Freundlichkeit, Ehrlichkeit. Aber noch bevor er und seine Frau zu Jesus fanden, flog die Gemeinde auf und die Familie musste fliehen. Während der Flucht über das Mittelmeer, als das Schlauchboot zu sinken begann, stand er auf und betete inmitten von Muslimen zu Jesus. Sie wurden im doppelten Sinn gerettet und kamen nach langem Weg zu uns.

Omid sagt:

„Gott hat uns zu euch geführt, damit wir ihn persönlich kennenlernen und alles über den Glauben und die Bibel erfahren.“

Die kleine Familie hat den Herrn Jesus und in unserer Gemeinde ein Zuhause gefunden.

Was können wir empfehlen?

Fang einfach an! Auch wenn Du keine Ahnung hast: Liebe, Herzlichkeit und Offenheit versteht jeder. Macht Eure Türen zu Hause und in der Gemeinde auf, denn es ist für Flüchtlinge etwas sehr Besonderes, bei Deutschen zu Hause eingeladen zu werden.

Sei nicht blauäugig im Umgang mit Asylanten und informiere Dich über ihre Kultur. Sei nicht enttäuscht, wenn Du enttäuscht wirst! Rechne damit, dass Du von denen, um die Du Dich kümmerst, enttäuscht wirst, und dass Du von Deinen Geschwistern enttäuscht werden kannst.

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