Ehrenamtlich im seelsorgerlichen Krankenhaus-Besuchsdienst

Liebe Brunhilde, wie bist du zu diesem wichtigen Dienst gekommen, und seit wann bist du in dieser Arbeit tätig?

Als das Letzte meiner acht Kinder ausgezogen war, machte ich mir Gedanken, womit ich die mir nun neu zur Verfügung stehende Zeit ausfüllen könnte. In gewisser Weise litt ich an dem sogenannten „Leeren Nest-Syndrom“. Durch meinen Ehemann, der im Diakonissenkrankenhaus arbeitete, wurde ich dann auf die Möglichkeit des ehrenamtlichen Dienstes dort aufmerksam gemacht. Nachdem ich mich über die verschiedenen Möglichkeiten informiert hatte, entschloss ich mich für den Besuchsdienst. Ich hatte ein Gespräch mit dem für die Ehrenamtlichen zuständigen Seelsorger und begann im September 2017 mit meinen Besuchen.

Kannst du bitte diesen Krankenhausbesuchsdienst beschreiben? Was kann man sich darunter vorstellen?

Im Diakonissenkrankenhaus Karlsruhe Rüppurr sind etwa 100 Ehrenamtliche als sogenannte „Grüne Damen“ und „Grüne Herren“ eingesetzt. Sie arbeiten in ganz unterschiedlichen Bereichen. So gibt es einen Lotsendienst, der frisch aufgenommene Patienten auf die Station begleitet. Es gibt die Möglichkeit der Mithilfe bei der Essensbestellung oder einen Bücherdienst, der Patienten durch einen Bücherwagen mit Lesestoff versorgt. Des Weiteren besteht die Möglichkeit einer besonderen OP-Begleitung für Patienten, die vor dem Einschleusen in den Operationssaal nicht allein sein wollen, oder auch als Sitzwache, um Patienten oder Patientinnen durch Nähe und Einfühlsamkeit in langen schweren Stunden beizustehen.

Mein Aufgabenbereich ist es, ein offenes Ohr und Zeit zu haben für Gespräche mit Patienten im Bereich der Reha Geriatrie. Dort werden betagte Menschen nach einer akuten Erkrankung (zum Beispiel nach einem Sturz mit einem Schenkelhalsbruch und Operation) wieder auf die Bewältigung ihres Alltags vorbereitet. Ich gehe von Zimmer zu Zimmer und biete die Möglichkeit eines Gespräches an. Nicht immer, aber oft, geht es auch um Lebens- und Glaubensfragen. Ich habe die Möglichkeit, eine Karte der Marburger Medien weiterzugeben und manchmal möchten Patientinnen oder Patienten auch, dass ich mit ihnen bete.

Benötigt man für diese Arbeit eine besondere Ausbildung? Welche Voraussetzungen sind für diesen Dienst notwendig?

Nicht für alle Bereiche des ehrenamtlichen Dienstes benötigt man eine besondere Ausbildung, aber für den Bereich des Besuchsdienstes würde ich auf jeden Fall eine Vorbereitung empfehlen. Ich habe vorher ein Seminar über Seelsorge und Gesprächsführung besucht und mich intensiv durch die vom Leiter der Seelsorge empfohlene Literatur vorbereitet. Für die im Besuchsbereich tätigen Ehrenamtlichen gibt es außerdem regelmäßige Fortbildungstreffen am Diakonissenkrankenhaus.

Eine wichtige Voraussetzung für den Besuchsdienst ist die Fähigkeit, sich in die Situation der Patientinnen und Patienten hineinzuversetzen. Es ist sehr wichtig, dass man gut zuhören kann und weise ist in dem, wie man das Evangelium und den christlichen Glauben bezeugt.

Was motiviert dich, diesen ehrenamtlichen Besuchsdienst zu tun?

Ein starkes Motiv ist für mich die Liebe zum Nächsten, die Jesus Christus uns aufgetragen hat. Ich erfahre immer wieder, dass Gott mich gebraucht, seine Liebe und das Evangelium durch einen Krankenbesuch weiter zu geben.

Wie oft machst du Krankenbesuche?

Für mich hat es sich als gut erwiesen einmal in der Woche am selben Vormittag meine Besuche zu machen. Ich könnte dies jedoch auf zweimal in der Woche ausweiten. Der Bedarf an Gesprächen ist auf jeden Fall groß.

Welche Resonanz, welche Reaktionen bekommst du von den Patienten?

Viele Patienten bedanken sich, dass ich da bin, dass ich Zeit für sie habe und ihnen zuhöre. Ganz oft höre ich die Bitte: „Kommen sie doch wieder vorbei!“ Natürlich erlebe ich, dass manche Patienten kein Gespräch brauchen oder wünschen, doch damit kann ich gut umgehen, weil der Besuchsdienst ja ein freiwilliges Angebot der evangelischen Krankenhausseelsorge ist.

Bestimmt hast du viele schöne und positive Erlebnisse, darunter vielleicht auch weniger schöne, haben können!?

Viele der betagten Menschen erzählen mir ihre ganze Lebensgeschichte, gerade wenn ich ihnen vermittle, dass ich Zeit für sie habe. Oft geht es auch ganz zentral um den Glauben. Manche haben im Lauf ihres Lebens durch Krankheit oder traumatische Erlebnisse ihren Glauben an Gott verloren und äußern dies auch ganz offen im Gespräch. Hier spüre ich oft, wie der Geist Gottes mich leitet, auf die zentralen Begebenheiten des Evangeliums, wie die Leiden Christi oder seine Auferstehung, hinzuweisen.

Oft habe ich die Möglichkeit, Bibelverse oder geistliche Lieder während eines Gesprächs zu zitieren, dabei erlebe ich die lebendige Kraft des Wortes Gottes.

Insgesamt habe ich eigentlich bis heute nur bereichernde Begegnungen mit den Patientinnen und Patienten gehabt. Auf der Station, auf der ich eingeteilt bin, habe ich den Vorzug, dass sowohl Ärztinnen und Ärzte als auch das oft gläubige Pflegepersonal meiner Arbeit gegenüber wohlgesonnen sind.

Gibt es genügend ehrenamtliche Mitarbeiter oder sind diese eher „Mangelware“?

Leider gibt es zu wenige, die bereit sind, diese Dienste zu tun. Viele der Ehrenamtlichen sind zwischen 70 und 80 Jahre alt. Es wäre schade, wenn dieses Angebot, dass besonders in vielen Diakonissenkrankenhäusern noch angeboten wird, zum Erliegen kommt.

Was würdest du Christen, die sich eine solche ehrenamtliche Arbeit vorstellen könnten, empfehlen?

Es besteht ein hoher Bedarf an Besuchsdiensten, nicht nur im Krankenhaus, besonders auch in den Altenpflegeheimen. Auch zu Hause sind viele alte Menschen einsam und sehnen sich nach Ansprache. Es gehört etwas Mut dazu, in bestehende Arbeiten einzutreten. Man nimmt dazu Kontakt zu Krankenhausseelsorgern oder den Verantwortlichen in Pflegeheimen auf. In der Regel sind die meisten Verantwortungsträger froh, wenn sie Ehrenamtliche finden. Natürlich muss man in jedem Fall vorher klären, in welcher Form man den christlichen Glauben bei einem ehrenamtlichen Dienst bezeugen darf. Aber es ist auch möglich, ganz neue Wege zu gehen. In unserer immer mehr „ent-christlichten Gesellschaft“ müssen wir mit Mut und Kreativität Wege zu kranken und alten Menschen finden.

Ehrenamtliche Arbeit im Krankenhausbesuchsdienst ist auf jeden Fall eine wunderbare Möglichkeit, durch Tat und Wort die Liebe Christi weiterzugeben.

Liebe Brunhilde, vielen Dank und weiterhin Gottes Weisheit und Segen für deine Besuchsdienste!

Das Interview führte Hermann Fürstenberger.
www.diakonie-persis.de

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