Aus tiefer Not rufe ich zu dir!

Die gegenwärtige Corona-Pandemie macht vielen sehr zu schaffen. Fast die ganze Welt hat gewissermaßen „Hausarrest“, und mancherorts darf man noch nicht einmal vor die Tür gehen. Ausnahmen sind nur zum Einkaufen oder wenn es beruflich nötig ist. Zum Einkaufen und in den öffentlichen Verkehrsmitteln ist es Pflicht, eine Schutzmaske vor Mund und Nase zu tragen.

Eine Nachbarin schrie vor einigen Tagen: „Ich will mein altes Leben zurück!“ Ja, wenn es nur so einfach wäre. Neulich stand ich an der Kasse eines Supermarktes: überall Abstand halten, für die Kassiererinnen hatte man Plexiglasscheiben als Schutz installiert. Als ich die Verkäuferin fragte, ob sie Angst habe, bejahte sie das. Ich gab ihr ein Minitraktat: „Ich habe etwas gegen Angst – Gott“, steht darauf. Sie nimmt es, lächelt mich an und bedankt sich herzlich. Ob sie in ihrer Not überhaupt an Gott gedacht hat?

In vielen Telefonaten merkte ich, dass auch Christen Angst haben vor dem Virus. Manche sind betroffen, weil in ihrem Umfeld schon Menschen daran gestorben sind. Viele rufen sich Psalm 91 in Erinnerung: „Wer im Schutz des Höchsten wohnt, bleibt im Schatten des Allmächtigen. Ich sage zum HERRN: Meine Zuflucht und meine Burg, mein Gott, ich vertraue auf ihn!“ (Ps 91,1-2). Bei manchen habe ich den Eindruck, es ist wie das Pfeifen im Wald. Irgendwie merke ich, sie krallen sich daran fest und hoffen, dass es funktioniert. Natürlich ist auch dieser Palm Gottes Wort, und die Zusagen darin gelten auch für uns. Doch es ist wichtig, dass man es auch glaubt.

Wir sind im Schutz des Allmächtigen! Es ist der lebendige Gott, der mit seinem Wort Himmel und Erde schuf. Kann es etwas Besseres geben? Was gibt uns Halt in dieser verrückten und schweren Zeit? Da gibt es tatsächlich nur einen – unseren großen und wunderbaren Herrn. Auf ihn kann man sich verlassen, bei ihm ist man in Sicherheit, geborgen.

In den letzten Wochen habe ich es mir zur Aufgabe gemacht, meine Glaubensgeschwister am Telefon zu „besuchen“. Ich singe ihnen ein ermutigendes Lied und lese einen Text aus Gottes Wort. Wie viele haben mir gesagt, dass es gerade der richtige Zeitpunkt ist. Dass sie gerade jetzt viel Ermutigung brauchen. Mit vielen von ihnen habe ich am Telefon gebetet. Sie schienen wie Schafe zu sein, die am verschmachten sind. Manche stecken in so tiefen Nöten, dass sie verzweifeln. Trotzdem scheinen sie keinen Blick auf den zu haben, der ihnen in ihrer Not innere Kraft und Zuspruch geben kann.

Was besonders aber den Christen zu schaffen macht: Sie dürfen sich nicht sehen. Gottesdienste sind derzeit (noch) nicht (wieder) gestattet. Es gibt zwar inzwischen jede Menge Möglichkeiten über Internet, sich gute geistliche Nahrung zu holen. In Livestreams kann man an den unterschiedlichsten Gottesdiensten teilnehmen. Aber diese ersetzen niemals die persönliche Ansprache, das Sich-Begrüßen und In-den-Arm-Nehmen. Das höre ich immer wieder am Telefon. Der Psalmist drückt in Psalm 84 etwas davon aus. In den Versen 2-4 heißt es: „Wie lieblich sind deine Wohnungen, HERR der Heerscharen! Es sehnt sich, ja, es schmachtet meine Seele nach den Vorhöfen des HERRN, mein Herz und mein Leib, sie jauchzen dem lebendigen Gott entgegen. Auch der Vogel hat ein Haus gefunden und die Schwalbe ein Nest für sich, wo sie ihre Jungen hingelegt hat – deine Altäre, HERR der Heerscharen, mein König und mein Gott!“

Ach, wie sehnt sich das Herz der Kinder Gottes nach dieser Gemeinschaft. Die Söhne Korachs beneiden buchstäblich die Vögel des Himmels, die ein Nest haben für sich und für ihre Jungen. Für die Psalmsänger sind die Altäre Gottes solche Orte der Geborgenheit. Sie schätzen den glücklich, der in der Gemeinschaft mit dem lebendigen Gott lebt (Vers 5). Sie wissen: Nur der hat wirklich Grund zu loben, der mit Gott im Reinen ist. Nur der kennt etwas von der Stärke Gottes, dem der Herr die Wege bahnt (Vers 6). Wie oft durfte ich meinen Geschwistern sagen, wie es in Vers 7 heißt: „Sie gehen durch das Tränental und machen es zu einem Quellort. Ja, mit Segnungen bedeckt es der Frühregen.“

Manche gehen tief durch das Tränental hindurch. Sie sind mitunter buchstäblich am Ende ihrer Kraft. Besonders die, die älter geworden sind, die zur Risikogruppe gehören. Sie dürfen oft ihre Kinder und Enkelkinder nicht sehen. Manche können nicht einmal vor die Haustüre gehen. Sie verstehen die Welt nicht mehr. Wir dürfen ihnen den Zuspruch des Herrn geben. ER ist da! Wer Gott vertraut, kann bestätigen, was der Psalmist dann auch noch sagt: „Sie gehen von Kraft zu Kraft .“

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