Drei Antworten (Leseprobe)

Gott ist allmächtig, gerecht und gütig. Ist es seine Absicht, dass der Mensch glücklich ist oder überwiegt doch das Leid? Warum lässt dieser allmächtige, gerechte und liebende Schöpfer das Böse, das Übel und das Leid zu?

Es ist das sogenannte „Theodizee-Problem“: die Rechtfertigung Gottes vor der Vernunft angesichts der Übel in der Welt. Gott ist gut, aber die Welt ganz und gar nicht. Wie passt das eine zum anderen?

Die Frage ist zuerst: Wer fragt? Ungläubige Menschen, für die Gott nicht existiert, können nicht fragen, warum ein Gott Leid für Menschen zulässt, die nicht an Gott glauben. Die Theodizee-Frage muss also an Gläubige gerichtet sein: „Warum lässt euer Gott Leid zu, wenn er doch allmächtig, gerecht und gütig ist?“ Aber oft fragen sich das auch die Gläubigen.

Die offizielle Theologie schaut dabei immer auf Hiob. Dieser Gerechte, der mitten in sein Gott wohlgefälliges und sehr schönes Leben hinein plötzlich eine niederschmetternde Nachricht nach der anderen bekam und schließlich selbst am eigenen Leib hilflos gelitten hat und völlig am Boden war, dieser Mann zeige uns, dass die Frage, warum Gott sein Elend zugelassen hat, nicht zu beantworten sei. Denn Gott begründe nicht, warum das „Schreckliche“, das Hiob „befürchtet“ hat, „über ihn gekommen“ ist, und ihn „getroffen“ hat, wovor ihn „graute“, wie Hiob selbst klagt. Die Theologen sagen also: Wir wissen nicht, warum dieser Gerechte leiden musste. Und sie gehen noch einen Schritt weiter und folgern daraus: Wir wissen grundsätzlich nicht, warum Gerechte leiden müssen.

Daraus ergibt sich die nächste und alles umfassende Schlussfolgerung: Wir wissen auch grundsätzlich nicht, warum der gerechte, allmächtige und gütige Gott ungerechtes Leid und plötzlichen Tod in dieser Welt zulässt. Im Alten Testament ist die Frage nach dem „Warum“ des Leids sehr oft und drängend zu hören, im Neuen Testament jedoch nur ein einziges Mal: von Jesus Christus am Kreuz. Ab diesem Zeitpunkt wird im Neuen Testament der allmächtige, allwissende und gütige Gott nie mehr gefragt, warum er das Böse und das Übel zulässt, das gerade auch für seine Nachfolger Leid und gewaltsamen Tod zur Folge hat. Das Kreuz scheint das Problem in ein Vorher und Nachher zu teilen. Was vor dem Kreuzestod Christi immer wieder eine große, verzweifelte Frage war, spielt im Leben der Apostel und der ersten Christen keine Rolle. Obwohl es genügend Anlässe dafür gegeben hätte. Das große „Warum?“ des Leids ist verschwunden.

Dürfen wir dann fragen? Wenn der himmlische Vater das Leid und den Tod des Sohnes nicht verhindert, haben wir Gläubige dann überhaupt das Recht, ihn zu fragen: Aber was ist mit mir? Warum lässt du mein Leid zu?

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